Zentralamerika 1 - Belize
Belize ist Karibik: weisse Strände, Kokospalmen, Bob
Marley und Garifuna-Trommeln. Vor Belize liegt das zweitgrösste
Korallenriff der Welt nach dem Great Barrier Reef in Australien und das
Blue Hole, ein kreisrundes Loch im Riff, welches man sogar vom Mond aus
sehen kann.
Belize ist aber vor allem Dschungel. Zu einem grossen Teil
ist das Land davon bedeckt. 1/3 der Fläche von Belize ist
Naturschutzgebiet und Wildtierreservat. In den Wäldern sind Affen,
Jaguare und Pumas zu Hause, genau wie Tukane, Papageien, Tapire und
vieles vieles mehr.
Nicht nur Flora und Fauna ist vielfältig im
jüngsten und einzigen englischsprachigen Land Zentralamerikas, auch die
Menschen sind es.
Ein Viertel der Bevölkerung sind Kreolen,
die Nachkommen von britischen Piraten und afrikanischen Sklaven. Nebst
englisch sprechen sie vor allem Kreol, klingt wie Spanisch, ist es aber
nicht.
Dann gibt es natürlich die Mayas, das Urvolk der
Region Mexico, Belize und Guatemala. Krieg und Krankheiten haben ihnen
in den letzten Jahrhunderten zugesetzt, doch noch immer machen sie gut
10% der Bevölkerung Belizes aus. Während die Mayas in den Städten auch Englisch und Spanisch sprechen, verständigen sich die Mayas im
Hinterland noch immer in ihrer Sprache und ein Grossteil der Menschen
dort kann leider noch immer weder lesen und schreiben.
Die Mestizos machen 34% der Bevölkerung aus und sind die Nachkommen von spanischen Kolonisten und Mayas.
Dann gibt es noch die 7% Garifunas, welche von Kariben und afrikanischen Sklaven abstammen und vorwiegend an der Küste leben.
Ausserdem leben in Belize viele Mennoniten,
streng gläubige und traditionell gekleidete und lebende Christen,
ursprünglich über Kanada eingewanderte Deutsche und Holländer, welche in
Belize vor allem die Landwirtschaft und die Holzverarbeitung
aufrechterhalten.
Der Handel hingegen ist fest in chinesischer Hand.
Die zahlreichen kleinen Geschäfte haben alle dasselbe dürftige Sortiment
und werden fast ausschliesslich von Chinesen geführt.
All
diese Kulturen leben in einem Land, das halb so gross ist wie die
Schweiz und jede scheint ihren Bereich zu haben, in welchem sie die
anderen nicht konkurriert. Dies ist eines der Merkmale, welches dieses
Land vom Rest Zentralamerikas unterscheidet. Belize tanzt seinen eigenen
Rhythmus heisst es, und das können wir nach fast zwei Wochen
vorbehaltlos bestätigen.
Belize it or not, Belize is unbelizable ;-)
Welcome to Belize
Am
Samstag Vormittag fahren wir gemeinsam mit unserem Lieblingsitaliener
René Richtung Grenze, nachdem wir noch einmal grosszügig Vorräte, Wasser
und vor allem Diesel gebunkert haben. Belize soll unbelizable
teuer sein also besorgen wir was möglich noch in Mexico. Die Ausreise
geht zackig über die Bühne. Stempel in Pass und gut ist. Danach heisst
es warten auf René, der aufgrund einer fehlenden Quittung sein
Fahrzeugdepot nicht mehr zurückbekommt. Irgendwann kommt er dann aber
und wir fahren nach der genauso obligatorischen wie nutzlosen
Fahrzeugdesinfektion zum kleinen Gebäude, welches die gesamte Belizer
Grenzbehörde darstellt. Auch hier geht’s speditiv von statten. Überaus
freundlich werden wir über alle Vorgänge informiert, einzig die Beamtin,
die unser Auto einführen soll ist etwas überlastet weil sie
gleichzeitig auch für die Durchsuchung der Fussgänger zuständig ist
sowie offenbar auch für alle anderen anfallenden Fragen. Nach einer
guten Stunde sind aber alle Personen und Fahrzeuge eingeführt und auch
die Fahrzeugversicherung ist in wenigen Minuten abgeschlossen. Bezahlt
werden kann in Pesos, US- oder Belizedollar, der Herr von der
Versicherung betätigt sich unter dem Ladentisch praktischerweise gleich
noch als Geldwechsler, jedoch zu einem miserablen Kurs. Welcome to
Belize!
Die lokale Währung gibt’s ganz offiziell auf dem
Schwarzmarkt. Unsere erste Anlaufstelle ist deshalb ein indisches
Möbelgeschäft im Grenzort Colozal. Etwas unsicher fragen wir einen
Verkäufer und tatsächlich erhalten wir im wahrsten Sinne es Worte „unter
der Ladentheke“ einen sensationellen Kurs für unsere restlichen Pesos.
Wir
fahren bis Orange Walk, wo wir uns erstmal um unsere knurrenden Mägen
kümmern und uns beim Chinesen mit ersten Vorräten und natürlich mit Belikin,
dem hiesigen Bier eindecken. Bereits hier spürt man das Preisniveau
deutlich, Belize ist mit Abstand das teuerste Land Zentralamerikas, wenn
nicht ganz Lateinamerikas, wie wir in den folgenden Tagen noch
schmerzlich feststellen werden.
Wir verabreden uns mit René bei der
Mayastätte Lamanai, die wir am folgenden Tag besichtigen möchten. Wir
campen in der Nähe der Ruinen und lauschen dem unheimlichen Geschrei der
Brüllaffen über unseren Köpfen, während René uns fantastische
Spaghettis kredenzt. Der erste Tag in einem neuen Land ist immer etwas
stressig bis man sich zurechtfindet und so wären wir vermutlich auch
ohne die Flasche Syrah problemlos ins Koma gefallen.
Lamanai
Am
frühen Morgen haben wir die ganze Anlage für uns alleine bevor die
Bootstouren mit den Touristen ankommen, so lieben wir Sightseeing. Wir
spazieren durch den Dschungel, bestaunen die riesigen Bäume, die Lianen
und die nun friedlich dösenden Brüllaffen hoch über uns. Oben auf der
Hauptpyramide sehen wir über den Dschungel, aber leider auch auf viel
abgerodete Fläche, wo der Regenwald Plantagen und Farmland weichen
musste. Die Anlage gefällt uns sehr gut, gerade weil viele Tempel noch
nicht freigelegt im Dschungel liegen, die Stimmung ist mystisch und
abenteuerlich, einfach genial.
Altun Ha
Auf dem Rückweg nach Orange
Walk fahren wir durch die Mennonitengemeinde Shipyard. Gepflegte Höfe
und Weideland dominieren das Bild. Vorbei fahren Pferdekutschen, in
welchen Frauen mit langen Kleidern und Hauben auf dem Kopf sitzen, neben
Männern mit schwarzen Latzhosen, karierten Hemden und Strohhüten.
Befremdend wirken die hellen Menschen mit den blonden und rötlichen
Haaren. Man kommt sich vor wie in einer Episode aus unsere kleine Farm und fühlt sich im Auto fast irgendwie deplatziert.
Vorbei an einer weiteren Mayastätte Altun Ha, dessen Hauptpyramide die Etikette des Belikin
ziert und ansonsten nicht soo speziell ist, fahren wir weiter südlich.
Die Landschaft ist unglaublich grün und die Menschen winken und lachen
uns entgegen beim Vorbeifahren. Wir fühlen uns wohl in diesem Land und
freuen uns auf die folgenden Tage.
Crooked Tree Wildlife Sanctuary
An
dieser Lagune dreht sich alles um Cashews und Vögel. Für die Cashewernte
sind wir leider noch zu früh, zu gerne hätten wir den Prozess verfolgt,
den es braucht um die wertvollen Nüsse zu gewinnen. So widmen wir uns
halt dem Birdwatching. Auf einem Spaziergang entlang der Lagune sehen
wir viele verschiedene Vögel. Leider kennen wir uns in der Welt der
Ornithologen zu wenig aus um Euch hier entsprechende Namen nennen zu
können.
Belize Zoo
Um dieses Manko etwas
aufzuholen, besuchen wir den Belize Zoo. Wir sind an sich nicht so die
Zoo Fans und schauen uns die Tiere lieber in Freiheit an. Doch dieser
Zoo ist speziell. Hier gibt es nur heimische Tiere, und ihre Haltung
dient vor allem dem Schutz bedrohter und verletzter Exemplare. Zudem wird
versucht, die Tiere wieder in ein Leben in Freiheit zu integrieren
soweit möglich.
Besonders gefällt uns, dass die Gehege nicht dazu
dienen, die Tiere dem Publikum zu präsentieren, sie sind im Gegenteil
richtig in den Dschungel gelegt, um den Tieren ihr natürliches Umfeld
und Rückzugsmöglichkeiten zu gewähren. Aus diesem Grund sehen wir auch
keine der vielen Raubkatzen, die tagsüber nämlich lieber im Schutz der
Bäume dösen. So erfreuen wir uns lieber an den witzigen Spidermonkeys
und bestaunen die majestätischen Harpyien, die grössten Adler überhaupt.
Ein Harpyieweibchen kann über einen Meter gross werden mit einer
Spannweite von 2 Metern!
Hopkins
Wir wählen die Coastal Road
um weiter in den Süden zu gelangen. Bei Gayles Point gibt es eine grosse
Lagune, wo man auf Bootstouren Seekühe beobachten kann. Der ganze Ort
wirkt seit dem verheerenden Hurricane Earl letztes Jahr ziemlich
heruntergekommen und wir fühlen uns nicht wirklich wohl dabei, an den
verlumpten Baracken vorbeizufahren und vom Auto aus auf das Elend der
Menschen hier zu blicken. Irgendwie kommt bei uns nicht die Stimmung auf um auf einer Bootstour im dichten Seegras Seekühe zu suchen und ziehen weiter...
Da gefällt es uns in Hopkins deutlich besser. Buffalo Soldier
scheppert aus jedem Lautsprecher, das Fischerdorf ist bunt und
fröhlich, die Guesthäuser und Strassenbeizli sind am karibischen
Traumstrand aufgereiht und Dreadlocks sind omnipräsent. Da der Platz vor
unserem bevorzugten Guesthouse gerade noch von unseren Freunden Ruedi
& Elvira belegt ist, stellen wir uns direkt an den Strand zum
campen. Stören tut das hier niemanden und die Leute grüssen freundlich
beim vorbeigehen. Das gemütliche Leben hier färbt ab und automatisch
schalten wir einen Gang runter. Wir sitzen am Meer, ein Lighthouse-Bier in
der Hand und lauschen dem Klang der Garifuna-Trommeln Wir beschliessen
uns doch noch das Korallenriff anzusehen und gehen auf Schnorcheltour
mit Trisha, der Besitzerin des anliegenden Guesthouses und ihrem
Garifuna-Ehemann Elvis sowie einem englischen Paar. Nach dem Schnorcheln
zeigt uns Elvis wie man mit einer Handleine fischt und nach ersten
Schwierigkeiten schaffen es auch wir, wunderbare Red Snapper an Land zu
holen.
Dass das Leben hier im Paradies nicht nur Sonnenseiten hat,
klagt uns Trisha. Viele Garifunas leben im Jetzt und Hier und häufig
wird nicht über den Tag hinaus gedacht. Hat man heute Geld verdient,
gibt man es abends mit vollen Händen aus, feiert mit Freunden im wahrsten Sinne als "gäbs kein Morgen", denn
Morgen ist ein neuer Tag. Dies erklärt wohl auch, warum so viele Guesthäuser und
Touranbieter fest in amerikanischer Hand sind.
Cockscomb Basin Wildlife Preserve
Da Salzwasser bekanntermassen nicht so unser Ding ist, zieht es uns bald weiter. Der südlichste Punkt in Belize ist für uns das Cockscomb Basin Wildflife Preserve, auch Jaguar Sanctuary
genannt, weil sich dort eine grössere freilebende Zahl der scheuen
Tiere befindet. Hier im Dschungel ist die Hitze und Feuchtigkeit kaum
auszuhalten und so verbringen wir den Nachmittag mit einem besonderen
Spass: Tubing! Auf einem grossen Gummiring (Autoschlauch) treiben wir
nach einer kurzen Wanderung den trägen Fluss runter durch den Dschungel.
Über eine Stunde können wir die ungewohnte Aussicht hoch in die
Baumkronen geniessen, entdecken viele Tiere und kühlen gleichzeitig den
Allerwertesten im Fluss.
Am nächsten Morgen stürzen wir uns früh in
die Wanderschuhe und laufen den Trail zu den Doppelwasserfällen. Die
erste Stunde ist es neblig und mystisch im Wald, doch kaum auf der Höhe,
tritt man aus dem Nebelmeer und sieht weit über den Dschungel bis zum
Victoria Peak, dem höchsten „Gipfel“ der Cockscomb-Kette und
zweithöchsten von Belize. Am Ende lockt ein erfrischendes Bad bei den
Wasserfällen, bevors auf steilen Pfaden wieder zurück geht. Wir hängen
grad noch einen zweiten Walk dran, auf welchem wir viel über Flora und
Fauna und das Ökosystem des Dschungels als solches lernen.
Hummingbird Highway / Blue Hole Nationalpark
Auf
dem Hummingbird Highway (Kolibri Highway) geht’s wieder zurück Richtung
Norden. Die Strasse gehört sicher zu den schönsten im Land. Die
Aussicht auf die bewaldeten Hügel und den Dschungel ist wirklich
atemberaubend, es ist so grün, dass es schon fast weh macht in den
Augen. Wir entdecken einen wunderschönen Platz am Fluss und bleiben
gleich da. Der Nachmittag vergeht mit waschen, backen und Kleider
flicken (ja ich kann tatsächlich Nadel und Faden halten wenns denn sein
muss) wie im Flug und gegen Abend bekommen wir Besuch von einer
Mayafamilie. Während die Männer mit Harpunen am Ufer entschwinden,
beginnen die Frauen Wäsche zu waschen und die Kinder vergnügen sich im
Fluss. Nach anfänglicher Zurückhaltung kommen die Frauen zum plaudern,
die Kinder beschenken uns mit Orangen und Wassermelone und Kakaofrüchten (man lutscht das
Fruchtfleisch um die Kerne herum ab). Wir sind
völlig gerührt und haben keine Ahnung, wie wir uns für diese Gaben
revanchieren können. Im Moment führen wir ausser Chips und Cookies nicht
viel Gescheites mit uns rum was wir anbieten können und dies
unterlassen wir natürlich tunlichst, denn es ist eine Freude zu sehen,
dass es auch Menschen gibt, die sich gesund ernähren in diesem Land.
Schliesslich kommen die Männer mit reicher Beute zurück und nach
gebührender Bewunderung unsererseits verabschieden sie sich herzlich,
quetschen sich alle wieder in und auf den Pickup und fahren winkend von
dannen. Solche Begegnungen sind leider selten, denn die Mayas sind
generell sehr zurückhaltend. Hier in Belize sprechen sie manchmal rudimentär englisch, was im Gegensatz zu anderen Ländern wenigstens eine
einfache Konversation mit Ihnen ermöglicht.
Am nächsten Morgen geht’s zurück
auf den Hummingbird Highway. Langweilig wird es einem hier bestimmt
nicht. Einmal halten wir für wunderbare Glacé und Joghurt bei einem
christlichen Molkereibetrieb, einmal bei einer Bäckerei für Cookies und
Bananencake und ein weiteres Mal gibt’s Kaffee und Schokolade am
Strassenrand. Hier werden wir von einer kecken jungen Dame über die
Vorzüge von reinen Kakaoprodukten aufgeklärt, und dass man in Belize
Kakao nicht mit Milch und Zucker mischt. Die pure Variante ist uns
allerdings viiiel zu bitter und zu gesund und so verkauft sie uns dann
doch noch leckeres, wenn auch ungesundes, süsses Schokoladeneis ;-).
Im
Blue Hole Nationalpark (nicht zu verwechseln mit dem Blue Hole im Meer)
gibt’s eine offene Cenote und den Eingang in die Hermans Cave zu
erkunden. Für alle weiteren Aktivitäten benötigt man - wie könnts auch
anders sein - einen Guide und ein gut gefülltes Portemonnaie, weshalb
wir hier bald wieder weiterfahren.
Belmopan
Belmopan ist eigentlich die
Hauptstadt von Belize, nur weiss das kaum jemand. Wieso eigentlich:
Nachdem Belize City immer wieder von Hurricanes heimgesucht wird, wurde
im Inland eine neue Hauptstadt, eben Belmopan aus dem Boden gestampft.
Der erwartete Wachstum blieb jedoch aus, die grossen Firmen blieben am
Meer und zurück bleibt eine überaus überschaubare Kleinstadt. Wir fahren
durch den Ort, finden aber beim besten Willen nix zu tun, weshalb wir
direkt weiter zur Rockfarm fahren. Gemäss iOverlander erwartet uns hier
ein schöner Campplatz bei netten Leuten. Gefunden haben wir hier
allerdings einen Garten Eden. Nicky und Jerry führen die Rockfarm, die
eigentlich die staatliche Vogelauffangstation des Landes ist. Im Bird
Rescue Belize päppelt das Paar verletzte, konfiszierte und sonst wie
pflegebedürftige Papageien und andere Vögel auf und versucht, sie wieder
in ein Leben in freier Natur zu integrieren. Über 160 Papageien,
Kakadus, Tukane und andere Vögel befinden sich momentan in ihrer Obhut
und in der Zeit auf der Rockfarm lernen wir vieles über die wundervollen
Vögel. Das Gelände ist riesig und wir dürfen uns hinstellen wo wir
wollen. Jerry schwingt sich gleich auf sein Motorrad und zeigt uns die
Anlage. Wir stellen uns auf eine Wiese unter Kokospalmen in Reichweite
des Haupthauses und des Wlans. Check out: www.belizebirdrescue.com
Gleich erküren wir diesen Ort zu unserem Basecamp und unternehmen von hier Ausflüge. An einem Tag geht’s zum Cavetubing nach Nohoch Che’en,
wo wir von unserem Guide Fernando auf einer Privattour viel
Interessantes zur Geschichte und Umgebung erfahren und die Höhlentour
zum Erlebnis macht.
ATM-Walk
Nicky organisiert uns auch
den berühmt berüchtigten ATM-Walk. Nachdem Freunde uns derart von diesem
einzigartigen Erlebnis vorgeschwärmt haben, entschliessen wir uns
schlussendlich, uns auf das nicht ganz günstige Abenteuer einzulassen.
Hier von Belmopan aus ist es günstiger und Nicky organisiert auch den
Transfer von und zum Startpunkt, wir müssen uns um nichts kümmern und
können Tico bequem in der Rockfarm stehen lassen. Doch um was geht es
hier überhaupt:
ATM ist die Abkürzung für Actun Tunichil Muknal
(Cave oft he crystal maiden) und ist eine Zeremonienhöhle der Mayas.
Das spezielle daran ist einerseits, dass man sie nur schwimmend und
kletternd erreichen kann, was das Ganze natürlich abenteuerlich macht
und anderseits, dass sich alle Artefakte, Opfergaben und auch die
Überreste der Menschenopfer noch in der Höhle befinden. Dass das
Höhlensystem erst relativ spät erkundet wurde, hatte den Vorteil, dass
man die Artefakte nicht mehr zwecks Untersuchung in ein Labor bringen
musste, sondern man erkannte, dass man viel mehr über die Riten und
Zeremonien der Mayas lernen konnte, indem man die Artefakte an Ort und
Stelle erforschte. Tatsächlich erhalten wir von unserem Guide unglaubliche Informationen über die Geschichte der Mayas, die er uns anhand
der Art der Opfergaben und ihrer Anordnung in der Höhle mit Herzblut
und Hingabe erklärt.
So durchschwimmen wir gleich zu Beginn der Tour
einen Fluss und wandern mit zwei weiteren Flussdurchquerungen zum
Eingang der Höhle, die wiederum nur schwimmend betreten werden kann.
Schwimmend, watend und kletternd werden wir immer tiefer in das
Höhlensystem geführt. Im Schein unserer Stirnlampen entdecken wir
riesige Tropfsteinhöhlen, enge Spalten und Felsformationen, dazwischen
immer wieder Tonkrüge und Schalen, später Knochen, Schädel und zum
Schluss das Skelett der Crystal Maiden, welches aufgrund der Zersetzung
des Calciums kristallen leuchtet. Nur wenige Zentimeter laufen wir neben
den Artefakten vorbei, nur getrennt durch einen schmalen Streifen
Absperrband. Aufgrund unvorsichtiger Touristen gab es Schäden an
Knochen, weshalb es seit einigen Jahren verboten ist, Kameras in die
Höhle zu bringen (deshalb auch keine Bilder an dieser Stelle, aber wenn
ihr ATM-Walk Belize googelt, findet ihr viele Bilder und Storys).
Wir
lassen uns mitreissen vom Zauber der Höhle, vergessen ist das
beklemmende Gefühl, das mich normalerweise in Höhlen und unklaren
Wassertiefen beschleicht und wir lauschen den Erzählungen unseres
Guides. Störend ist einzig der zunehmende Verkehr auf dem Rückweg, die
Höhlen sind erhellt von den vielen Stirnlampen und es bildet sich Stau
auf den engen Passagen. 120 Permits werden pro Tag ausgestellt und wir
hatten das Gefühl, dass diese Menschen jetzt gerade alle in der Höhle
sind, obwohl sie tatsächlich auf Touren über den Tag verteilt werden.
Zum Glück haben wir eine frühe Tour erwischt und hatten auf dem Hinweg
nicht viele andere vor uns. Weiter hatten wir Glück, dass wir nur zu
fünft waren, normalerweise sind es pro Guide 8 Teilnehmer.
Auf jeden
Fall war es ein spezielles und aufregendes Erlebnis, welches wir jedem
Belizereisenden nur wärmstens ans Herz legen können. Lieber eine
Bootstour weniger, dafür sich das Erlebnis ATM-Walk gönnen. Technisch
ist die Tour nicht anspruchsvoll und auch konditionell müssen keine
Meisterleistungen vollbracht werden.
Mountain Pine Ridge Forest Reserve
Wir
fahren in den Westen Belizes und nähern uns langsam der Grenze
Guatemalas. Eigentlich sind wir auf dem Weg in die „Berge“, lassen uns
aber einen kurzen Abstecher zur Mennonitensiedlung Spanisch Lookout
nicht nehmen. Hier sieht man zwar nicht mehr viel vom traditionellen
Leben, ausser den speziell gekleideten Frauen, aber es gibt hier alles
zu kaufen, was das Herz begehrt. Im Farmers Market decken wir uns
nochmal mit Joghurt und Früchten ein und Dani findet in einem
Camping- und Elektronikladen endlich eine neue Sonnenbrille. Irgendwie
passt der Ort so gar nicht zu Belize und wir sehen keinen Grund, länger
zu verweilen.
Das Mountain Pine Ridge Forest Reserve ist staatlich
und kostet - man kann es kaum glauben - keinen Eintritt. Wir werden
informiert, dass wir uns bei der Military Station eine Genehmigung holen
sollen, wenn wir im westlichen Teil des Reserves, nahe der Grenze zu
Guatemala campen wollen. Da es offenbar immer wieder zu Übergriffen von
Guatemalteken kommt, weiss das Militär gerne, wo sich die Touristen
aufhalten, und auch ein Besuch der Mayastätte Caracol ist nur in
Begleitung eines Militärkonvois möglich. Wir wollen allerdings in die
andere Richtung und steuern die 1000 Foot Falls an, die höchsten
Wasserfälle Zentralamerikas, denn dort soll es hübsch sein zum campen,
mitten im Pinienwald. Die Wasserfälle sind in Wahrheit 1600 Foot hoch,
aber leider kann man sie nur von weitem bestaunen. Egal, der Platz hier
ist wirklich schön und auf fast 700 MüM kühlt es abends auch auf ein
erträgliches Mass ab. Auf Caracol verzichten wir und sehen uns lieber
die grosse Höhle am Rio Frio an und plantschen in den Rio On Pools
während wir die Aussicht geniessen. Die Landschaft hier ist wirklich
speziell, Palmen und Pinien bunt gemischt, wieder eine ganz andere Seite
von Belize.
Xunantunich
Eine letzte Mayastätte
möchten wir uns trotz der Hitze noch antun. Xunantunich (Stone Woman),
kurz vor der Grenze. Sie liegt auf der anderen Seite des Flusses,
welchen wir mit einer handgekurbelten Kabelzugfähre überqueren. Von der
Hauptpyramide sehen wir Richtung Guatemala und schliessen langsam mit
Belize ab. Wir haben in den knapp zwei Wochen unglaublich viel erlebt
und brauchen Zeit dies zu verarbeiten. So nehmen wir uns nochmal einen
Tag und relaxen auf dem schönen Platz bei den Clarissa Falls, wo wir
entweder im gemütlichen Restaurant sitzen oder uns im Wasser abkühlen.
Es
wird Zeit uns auf den morgigen Grenzübertritt vorzubereiten. Wir kramen
die Original Dokumente hervor und prüfen unsere Finanzen. Mal sehen ob
dieser Grenzübertritt auch so locker flockig über die Bühne geht wie der
letzte.