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Ecuador - der Norden

Adios Colombia - Bienvenidos Ecuador
Kolumbien macht uns den Abschied ungeahnt einfach. Nach dem Hudelwetter der letzten Tage packen wir - wieder bei Regen - zusammen und fahren die letzten paar Kilometer zur Grenze. Wie immer in Lateinamerika herrscht Chaos und nichts ist angeschrieben. Doch das bringt uns nicht aus der Ruhe, zuverlässig kommen die Geldwechsler angerannt und zeigen uns die Abläufe, sie wissen genau dass sie zu ihrem Geschäft kommen, ist erst mal die Ausreiseprozedur erledigt. Alles läuft wie geschmiert, und während der Wartezeit vor dem einzigen Schalter - welcher verwirrenderweise als Ein- und Ausreiseschalter fungiert - handeln wir schon mal den besten Kurs für unsere restlichen kolumbianischen Pesos aus. Ecuador hat seit 15 Jahren ausschliesslich US$, das macht die Rechnerei schon mal einfach.
Auch auf der ecuadorianischen Seite gibt’s keine Probleme. Auch hier die übliche Warterei, doch dann prangt der ersehnte Stempel mit den 90 Tagen in unserem Pass. Beim Zoll erstellt uns eine nette Dame das Dokument zur temporären Fahrzeugeinfuhr. Eigentlich müsste sie nun mit zum Auto kommen um die Stamm-Nr. zu kontrollieren, doch nach einem säuerlichen Blick nach draussen zückt sie ihr Handy und schiesst ein Foto von Tico durchs Fenster, listo! Ecuador wir kommen!
Das war der erste Grenzübergang, bei dem wir weder irgendwo irgendwas bezahlen mussten und auch keine einzige Kopie aushändigen mussten, es lebe der Fortschritt!
 
Nach einem kurzen Abstecher zum fantasievoll gestalteten Friedhof von Tulcan mit seinen kunstvoll gestutzten Thujas fahren wir auf der Panamericana gen Süden. Lange halten wir es allerdings nicht aus auf der verkehrsreichen Strasse und wir biegen auf eine Seitenstrasse ab, einer „Abkürzung“ zu unserem Ziel, der Finca Sommerwind an der Laguna Yahuarcocha, oberhalb von Ibarra.
Mittlerweile hat der Himmel aufgeklart und wir fahren bei Eitel Sonnenschein über eine Bergstrasse ins Valle del Chota. Die Gegend ist ganz nach unserem Geschmack: Einsame Prärie mit Kakteen, vielen Offroadmöglichkeiten und überall potentielle Schlafplätze. Nach der diesbezüglich kniffligen Zeit in Kolumbien geradezu paradiesisch. Wir geniessen die holprige Fahrt durch diese schöne Gegend und kommen schweigend zur selben Einsicht: die Finca Sommerwind kann warten!
Wir finden einen schönen Platz bei einem Wasserreservoir mit Panoramasicht auf die Lagune Yahuarcocha, Ibarra und die zahlreichen umliegenden Vulkane. Wie so oft in Lateinamerika ist man auch am abgelegensten Winkel nicht alleine und so kommt auch hier der Nachbar auf einen Schwatz vorbei. Später bringt er uns ein paar riesige Avocados und begrüsst uns in Ecuador - besser kann man in einem Land ja wirklich nicht ankommen. Am Abend setzen wir uns oben aufs Wasserreservoir und sehen zu, wie die Vulkane in der Dämmerung verschwinden und die Lichter der Stadt angehen. Ecuador, du gefällst uns jetzt schon!


Otavalo
Der Samstagsmarkt von Otovalo ist weit bekannt und soll landesweit einer der Grössten sein. Der Markt verteilt sich über die ganze Innenstadt. Es gibt Bereiche für Obst- und Gemüse, Fleisch, Kleider, Kunsthandwerk aber auch Haushaltgegenstände und Drogerieartikel. Die Auslage ist bunt, die Kleidung der Indigenas ebenso. Die Luft ist erfüllt von den vielfältigsten Gerüchen nach Essen, Leder, Gewürzen und vielem anderen. Wir schlendern durch die Gassen, probieren hier was zum Essen, kaufen da Gewürze und ich kann es mir nicht verkneifen, mir einen schön kuschligen Alpacaschal zu erhandeln.
Ein Stück entfernt vom Zentrum liegt der Tiermarkt. Da reihen sich die Viehlaster Seite an Seite, die Zuchtbullen sind an Pflöcke gebunden damit man sie ausgiebig betrachten kann. Es gibt eine Ecke für Schweine und Schafe und einen Platz für Kleinvieh wie Hühner und Hunde, Kaninchen und Meerschweinchen, wobei letztere nicht zur Haustierhaltung gedacht sind.
Als wir genug gesehen und die Tüten langsam schwer werden, fahren wir raus aus der Stadt, es gibt in der Umgebung von Otavalo nämlich noch eine Sehenswürdigkeit, auf die wir uns ganz besonders gefreut haben.


Im Parque Condor
Oberhalb von Otavalo liegt der Parque Condor, eine Auffangstation für verletzte und konfiszierte Raubvögel. Viele der hier lebenden Exemplare können leider nicht mehr ausgewildert werden da sie zu sehr an Menschen gewöhnt sind. Da es sich aber häufig um bedrohte Tierarten handelt, werden die Tiere zu Zuchtzwecken mit anderen Zoos ausgetauscht. So auch die gewaltige Harpie, die grösste Adlerart der Welt, welche als Junges mit einem gebrochenen Flügel aufgefunden wurde, nachdem Holzarbeiter den Baum fällten, auf welchem ihr Nest war. Sie wurde hier im Park aufgepäppelt und ist heute Grossmutter von 16 Harpien, die alle irgendwo in Lateinamerika ausgewildert werden konnten und hoffentlich den Bestand für weitere Generationen sichern.
Nebst den vielen Adlern, Geiern, Falken, Eulen und anderen Raubvögeln sind wir vor allem auf die grossen Andenkondore gespannt. Natürlich würden wir sie viel lieber in freier Natur sehen, doch ist es auch etwas Besonderes, sie so aus nächster Nähe studieren zu können.
Am Mittag findet eine Flugshow statt, wo einige der trainierten Tiere gezeigt werden, und wir sie im freien Flug beobachten können. Majestätisch erhebt sich der Adler hoch in den Himmel, bis er kaum mehr erkennbar ist, während uns der Tierpfleger viele Informationen zum Park und den Tieren gibt. Wir staunen, als der Adler auf einen Pfiff vom Himmel geschossen kommt, direkt auf den ausgestreckten Arm des Tierpflegers, solche Ohren und Augen sollte man haben, einfach unglaublich…
Nach so vielen Eindrücken sind wir langsam geschafft und treten die Rückfahrt nach Ibarra an. Die Finca Sommerwind gehört dem Deutschen Paar Hans und Patricia und ist DER Overland-Treffpunkt für Reisende auf der Panamericana. Entsprechend ist es auch der Knotenpunkt für Informationen, die Oase für erholungsbedürftige Reisende und andere Entbehrungen wie eine Waschmaschine, Trinkwasser und Patricias gute Küche. Ihr Café ist allerdings nur am Wochenende geöffnet, was wir natürlich ausnutzen da es grad so schön passt und wir schlagen wir uns den Bauch voll mit Currywurst, leckeren Salaten und hausgemachten Kuchen und Torten. Zur Krönung gibt’s am Sonntag Brunch mit backfrischem Brot und eigener Konfitüre, mmmh…
Auch sonst geniessen wir den Aufenthalt. Wir plaudern mit anderen Reisenden, erledigen kleinere Reparaturen und Putzarbeiten und waschen die Wäsche.
Dani tastet sich nun endlich auch an Ticos Höhenprobleme - wie er das Problem mit dem Stottern und dem Rauchen in der Höhe gelöst hat, hier gehts zum Blog,
Natürlich darf neben der ganzen Arbeit die tägliche Runde DOG mit den Vivas Nadine & Sergio nicht fehlen, wobei uns Mädels hier das Glück nicht so hold ist wie in Kolumbien.


Laguna Cuicocha
Die Finca Sommerwind verführt tatsächlich zum Bleiben. Doch nach ein paar Tagen packt uns das Reisefieber wieder, es gibt noch viel zu erkunden in Ecuador. Erst gehts nach Ibarra zum Tanken. Das Strassennetz ist gut ausgebaut in Ecuador, es gibt wieder Ampeln und sogar Radwege! Es hat auch viel weniger Motorräder als in Kolumbien, eine grosse Erleichterung. An der Tankstelle traue ich meinen Augen kaum: für 44 Liter Diesel bezahlen wir gerademal 12 Franken! Für uns eine tolle Sache, als Anreiz zum Umweltschutz nicht gerade...
Nun gehts endlich in die Höhe, zur Laguna Cuicocha, einem wunderschönen Kratersee mit zwei Inseln. Unter der Woche ist hier nichts los und wir können die schöne Aussicht in Ruhe und bei Traumwetter geniessen. Wir entfernen uns nicht zu weit vom Auto, weil unseren Freunden Elvira & Ruedi hier vor ca. 2 Wochen das Auto aufgebrochen wurde. Also warten wir auf die Vivas, und ich passe auf die Autos auf, während die drei einen Spaziergang hoch zum Kraterrand machen. Wir übernachten gleich vor dem Parkeingang, auf einer grossen Wiese mit schöner Aussicht bis zum Vulkan Cayambe. Da es hier über 3‘000 Meter schon ziemlich kalt wird abends, verziehen wir uns bald nach drinnen, kuscheln uns ins Bett und machen einen Kinoabend.


Im Nebelwald

Uns gefällts so gut hier in der Höhe, dass wir gleich noch die Runde durchs Intag-Valley anschliessen. Erst geht’s hoch auf gut 3‘200 Meter, dann durch kurvige Hügellandschaft runter unter 1‘000 Meter. Hier ist es uns allerdings deutlich zu warm, auch wenn es hier sehr schön ist. Kurz vor Mindo finden wir einen schönen Platz abseits der Strasse etwas versteckt am Rande des Nebelwaldes. Die Region ist bekannt für seine Vogel- und Schmetterlingsvielfalt. Es soll hier Quetzales geben und einen ganz lustigen Gesellen namens „Cock on the rock“ oder „Gallo de la Pena“ auf Spanisch. Die männlichen dieser auffallend roten „Felsgüggel“ (freie schweizerdeutsche Übersetzung) haben die Eigenschaft, dass sie sich jeden Morgen an bestimmten Plätzen treffen um zu balzen, in der Hoffnung ein Weibchen zu beeindrucken. Natürlich sind diese Plätze streng geheim und nur auf einer kostspieligen Tour zu sehen.
Am nächsten Morgen sind wir früh auf, geweckt von einem einzigartigen Vogelkonzert. Wir nehmens gemütlich, denn wir wollen eine Wanderung auf der anderen Seite der Schlucht machen, doch die Seilbahn fährt erst um neun. Gerade als wir losfahren wollen, kommen drei Vans angefahren. Sie halten ca. 200 Meter vor uns am Waldrand, heraus stürmen Touristen mit riesigen Ferngläsern, Kamerastativen und Teleobjektiven und verschwinden im Wald. Natürlich sind wir neugierig und gesellen uns dazu. Der Guide erklärt uns höflich aber bestimmt, dass wir uns hier auf privatem Territorium befinden und ohne die Bewilligung des Besitzers dürfen wir uns hier nicht aufhalten. Etwas verwirrt erwidern wir, dass hier eine öffentliche Strasse sei ohne irgendein Schild welches auf Privatbesitz hinweist, doch der Guide will davon nichts wissen und scheucht uns davon.
Da wird es uns erst klar, wir sind per Zufall auf einem Felsgüggel-Hotspot gelandet und habens nicht mal gemerkt! Da hocken wir während der Balz-Rushhour untätig im Auto herum, statt wie sonst die Gegend zu erkunden und verpassen das Ereignis der Region! Richtig ärgerlich, doch es hilft nichts, wir überlassen den Ort den mittlerweile in Ekstase geratenen Touristen, die wild auf eine ahnungslose Taube drauflosknipsen, vermutlich ist es die gemeine Weissschwanzgrauflügeltaube oder so was in der Art, wir verstehen ja nichts von Vögeln... Noch während wir das Auto wenden, springt die ganze Truppe wieder in die Vans und braust davon, war wohl nix mit dem Güggel…
Die Fahrt mit der Seilbahn ist recht abenteuerlich. In einer Art offenem Käfig geht es in rasantem Tempo hoch über die Schlucht und ich konzentriere mich, nicht zwischen den Gittern nach unten zu sehen. Drüben wandern wir runter in die Schlucht und entlang des Flüsschens vorbei an mehreren Mini-Wasserfällen mit schönen Badepools.
Eigentlich sind wir schon auch wegen der Vogelwelt hier. Der Wald ist allerdings so dicht hier, dass wir ausser den obligaten Kolibris keine Vögel sehen und die Geduld, sich in ein Gebüsch zu setzen bis was angeflattert kommt, haben wir halt immer noch nicht. Also noch mal in bester Ziplinemanier zurück über die Schlucht - sowiso das wahre Highlight der Wanderung.
Wir quartieren uns in der Schweizer Hosteria „La Roulotte“ ein, herrlich im Wald gelegen, mit einem offenen Restaurant, wo man wunderbar Kolibris beobachten kann, die sich an den dargebotenen Bananen gütlich tun. Der Name stammt von den witzigen Cabanas im Stil von „Zigeunerwagen“ die überall auf dem Gelände verteilt sind. Die Wagen sind mit Etagenbetten und schönen Badezimmern ausgestattet, und wir geniessen natürlich den Luxus einer heissen Dusche ausgiebigst :-). Nebst tollen Holzofenpizzas gibt’s im Restaurant auch Schweizer Spezialitäten wie verschiedene Röstis, Gschnätzlets und sogar Fondue. Hier haben wir echt die Qual der Wahl. Leider treffen wir den Westschweizer Besitzer nicht an, da er noch eine Bäckerei in Quito betreibt, so kommen wir aber wenigstens noch in den Genuss eines tiefgekühlten Holzofenbrotes für den Weg.
Gerne hätten wir noch eine Wanderung in dieser schönen Umgebung gemacht, aber jeder Flecken Erde rund um Mindo ist privat, gehört zu einem der zahlreichen Resorts und darf nur mit Bewilligung und einem Guide betreten werden. Wir finden das etwas schade. Offensichtlich lässt sich damit jedoch gutes Geld verdienen denn die Stadt ist voller Touristen.
Wir überlassen die Vogelwelt somit den zahlenden Touristen und verlassen Mindo auf einer tollen, Offroadpiste durch die Berge Richtung Quito.


Sonnenwende auf dem Aequator
Die Hauptstadt Quito umfahren wir grosszügig. Trotzdem geraten wir aufs Autobahnnetz rund um die Stadt und staunen über die gewaltigen und völlig überdimensionierten Strassen. Es ist keine schöne Gegend. Abgeholzte karge Hügel, dazwischen die riesigen Schneisen für die Autobahnen, die man rücksichtslos durch die Felsen getrieben hat. Die Dörfer entlang der Strasse sind schmucklos und staubig, sicher nicht die idyllischste Ecke Ecuadors. Wir sind auf der Suche nach einem „Vulcanizador“ denn wir haben uns eine recht stattliche Schraube eingefangen, wieder am selben Reifen wie vor zwei Wochen in Pasto. Schnell und günstig ist der Schaden behoben (5 $!) - die ganze Familie hilft bei der Reparatur mit und wir fragen uns, ob dies wirklich der Traumberuf der Tochter ist. Aber wie so oft lernen die Kinder das Handwerk des Vaters und übernehmen später einmal das Geschäft.
Unser Ziel ist die grosse Sonnenuhr am „Mitad del Mundo“ (Mitte der Erde) auf dem Aequator. Ich fixiere schon die ganze Zeit das GPS und warte darauf, dass die Anzeige auf: S 00.000 umspringt. Heute ist der 23. September - Sonnenwende. Bei Euch Herbstanfang, fahren wir geradewegs in den Frühling im Süden - sozusagen vom Sommer in den Sommer, so soll es sein!
Bei der grossen Sonnenuhr werden uns die astrologischen und archäologischen Besonderheiten des Aequators gezeigt und wir lernen, dass Kulturen bereits vor tausenden von Jahren um die astrologischen Zusammenhänge gewusst haben und ihre Tempel und Stätten genau nach diesen Linien ausgerichtet haben. Als Besonderheit des heutigen Tages steht die Sonne heute Mittag genau über der Sonnenuhr und wirft somit keinen Schatten - wir hätten es nicht besser treffen können.
Ganz in der Nähe befindet sich der Camping „Mitad del Mundo“ auf welchem wir von Don Valentin und seiner Familie herzlich aufgenommen werden. Valentins Sohn Nando ist Englischlehrer und zeigt uns die Umgebung. Wir werden gleich in die Familie integriert und kommen in den Genuss der lokalen Spezialität Biscocho, Blätterteiggebäck mit Dulce de leche, eine Art Caramelcrème. Dazu - wie könnts auch anders sein - Käse! Langsam schmeckt sie uns die wirre Kombination.


Cayambe
Nach einer herzlichen Verabschiedung von der sympathischen Familie fahren wir hoch zum Vulkan Nevado de Cayambe, nachdem wir Nando und seinen ältesten Sprössling in der Stadt zum Basketballtraining abgeladen haben. Der Weg führt wunderschön durch die Hochebene, immer im Blick, der schneebedeckte Gipfel des Cayambe, der sich langsam aber sicher in Nebel und Wolken hüllt. Tico hält sich gut, kein Stottern auch auf 4‘000 müM und dies auf steiniger und teilweise steiler Schotterstrasse. Der Rekord vom Nevado de Toluco in Mexico von 4‘100 Metern ist bald gebrochen. Nun wird’s ruppig, die Steine werden grösser, die Gräben tiefer, doch Dani steuert unser Auto souverän in der Untersetzung an den grössten Hindernissen vorbei aufwärts, immer darauf bedacht den Schwung zu behalten. Irgendwann sind wir oben beim Refugio auf sage und schreibe 4‘620 müM. Ein Rekord nicht nur für Tico, sondern auch für uns. Da wir heute Nacht recht tief geschlafen haben, spüren wir die Höhe und ich komm kreislaufmässig kurz an meine Grenzen. Die geplante Wanderung zum Gletscher fällt somit flach, ausserdem nimmt Nebel und Wind recht zu. Beim Refugio helfen wir einer sächsischen Wandergruppe ihr Fahrzeug zu überbrücken, dafür werden wir vom Bergführer zu einem Kaffee im heimeligen Refugio eingeladen. Schon um Mitternacht sind sie heute Nacht los, um am Morgen für 15 Minuten auf dem Gipfel zu stehen, bemerkenswert doch definitiv nichts für mich.
Wir treten den Rückweg an und geniessen die tolle Aussicht, die wir auf der Hinfahrt irgendwie gar nicht richtig wahrgenommen haben, so sehr waren wir auf den Weg und den Höhenmesser konzentriert. Wir kreuzen einen deutschen Pickup-Camper und werden von Elisa und Steffen angesprochen. Die Beiden sind seit einem Jahr auf dem Weg nach Süden und freuen sich sehr uns endlich zu treffen, denn sie lesen regelmässig unsere Reiseberichte, was für eine schöne Überraschung!
Hey, wir wünschen Euch viel Glück, allzeit gute Fahrt und es wäre schön, Euch bald wieder irgendwo zu treffen wo man besser plaudern kann!
Wir sind glücklich, den neuen Höhenrekord geknackt zu haben und sehen uns schon in den Anden in Peru und auf der Lagunenroute in Bolivien. Bis dahin ist noch etwas Zeit, aber es ist schön zu wissen, dass wir so weit, resp. hoch kommen mit unserem Tico :-)


Durchs Hochland zum Cotopaxi
Wir bleiben in den Bergen und fahren auf einsamen Strassen nach Süden. Was auf der Karte wie eine Abkürzung aussieht, windet sich in Wahrheit um Hügel und durch Schluchten. Wir kreuzen keine Autos und die wenigen Menschen schauen verwundert. Plötzlich stehen wir vor einer Baustelle. Es scheint als ob ein ganzes Dorf an einer neuen Abwasserleitung arbeitet. Die Strasse ist aufgerissen, die neuen Rohre werden in schweisstreibender Arbeit von Hand verlegt. Tja, da führt kein Weg dran vorbei und eine Umleitung ist auch nicht in Sicht. Da die ganze Arbeit anscheinend nur einen „Momentito“ dauert, warten wir, wir haben ja schliesslich Zeit. Ich setze mich zu Grossmütterchen auf die Wiese und bald bin ich von einer Traube Frauen umkreist, die mich viel spannender finden als die Baustelle. Wir unterhalten uns prächtig, und bald wollen alle Selfies machen. Whatsapp und Facebook haben auch hier Einzug gehalten, wenn wunderts, ihre Handys sind hier in den Bergen wohl für viele die einzige Verbindung zur Aussenwelt. Tatsächlich ist die Strasse wenig später wieder frei und es heisst Abschied nehmen von den neuen Freunden. Diese Begegnung wird wohl auf beiden Seiten nicht so schnell in Vergessenheit geraten…
 
Für die Strasse nach Papallacta braucht es eine Bewilligung, da die Gegend die Trinkwasserversorgung für Quito darstellt. So fahren wir am Sonntag morgen nach Oyacachi, auch weil wir unsere kalten Glieder in den hiesigen Thermalquellen etwas aufwärmen wollen. Wir fragen herum, wo wir denn die „Autorization“ für die Strasse bekommen und es heisst, da müssen wir zu Lenin. Aha, wer ist dieser Lenin? Frage ich. Das ist der Gemeindepräsident, bekomm ich zur Antwort. Und wo finden wir diesen Lenin? Der ist im Thermalbad - es ist ja Sonntag, aha…
So mache ich mich also auf zum Thermalbad auf der Suche nach Lenin. Ich staune ob der Menschenmasse, die sich vor dem Kassenhäuschen drängt, alle zahlen ihre 5 $ Eintrittsgebühr, in Ecuador gibt’s keinen Unterschied zwischen Einheimischen und „Gringos“. Ich darf ohne zu zahlen rein als ich mein Anliegen vortrage. Drinnen drängen sich die Menschen in der schönen Anlage, vom Säugling bis zum Opa, alle hocken in den trüben Pools. Ok, das Vergnügen können wir definitiv schon mal auslassen. Ich frag mich herum und schliesslich gelingt es mir tatsächlich Lenin aufzutreiben. Der Gemeindepräsident ist offenbar stets im Dienst und führt mich sogleich in sein Büro ausserhalb des Thermalbads und stellt uns die Autorization hochoffiziell auf dem modernen PC aus. Na wer sagts denn, von wegen Provinznest… 

Von der schönen Strecke nach Papallacta kriegen wir leider nicht viel mit, denn wir fahren ausschliesslich im dichten Nebel. Auch in Papallacta hats ein grosses Thermalbad, doch auch hier ist der Parkplatz voll und die Menschen stehen Schlange, Sonntag scheint Badetag zu sein und einmal mehr verfluchen wir die Wochenenden, die für uns Reisende in der Regel für Menschenmassen und geschlossene Geschäfte stehen..
Das Wetter bessert sich nicht und wir bleiben ca. 10 km vor dem Cotopaxi Nationalpark auf einer Wiese mit Alpacas. Der Cotopaxi ist Ecuadors zweithöchster Vulkan und ist weltweit einer der grössten noch aktiven Vulkane. Wir machen uns keine grossen Hoffnungen, der Wetterbericht zeigt auch für die kommenden Tage keine Besserung und auch der Blick in den Himmel ist ernüchternd. Doch während wir Holz sammeln für ein schönes Lagerfeuer heute abend blickt Dani auf und stupst mich an, lueg emol, dr Vulkan! Tatsächlich haben sich die Wolken klangheimlich gelichtet und geben nicht nur den Blick auf den Cotopaxi, sondern gleich noch auf zwei andere Vulkane preis. Sogar ein paar Sonnenstrahlen finden den Weg durch die Wolken und sorgen für eine unglaubliche Stimmung. Wow, soll kommen was will, wir haben ihn gesehen!
Tatsächlich ist das Wetter am nächsten Morgen kein Deut besser, trotzdem fahren wir auf der breiten Schotterstrasse hoch zum Cotopaxi wieder auf 4‘600 Meter. Diesmal haben die Wolken kein Einsehen, tja da kann man nichts machen.


Quilotoa-Loop
Wir haben genug vom schlechten Wetter und fahren nach Westen. Letzter Programmpunkt vor der Küste ist die Laguna Quilotoa, wiederum in einem Vulkankrater gelegen. Laut Reiseführer gibt es eine gute Strasse die weitläufig um den Vulkan herum durch schöne Landschaft führt. Doch wie so oft kreuzt eine verheissungsvolle Offroadpiste unseren Weg und wir können nicht widerstehen. Die schmale Piste führt uns quer durch die Berge, so dass wir die Lagune von Osten her erreichen. Es geht durch trockene Prärie und entlang tiefer Schluchten. Die steilen Hänge sind bis weit oben bepflanzt. Die wenigen Eukalyptusbäume verströmen einen betörenden Duft. Plötzlich wird es sandig und vereinzelt gibt es Sanddünen. Eine dramatische aber unwirtliche Landschaft…
Wir fahren am morgen früh zum Community Centre Shalala, am östlichen Kraterrand gelegen. Am Wochenende muss hier die Post abgehen, doch heute sind wir die einzigen Gäste. Die Anlage ist der ideale Ausgangspunkt für eine Wanderung und auch die Sonne strahlt vom Himmel. Wir packen Picknick ein und schnüren die Wanderschuhe, 5 - 6 Stunden soll die anspruchsvolle Tour um die Lagune dauern. Bereits als wir den Mirador erreichen, fällt uns die Kinnlade runter. Nichts als See und Berge, der Wanderweg rund um den Krater ist als dünner Strich erkennbar, uffh, da haben wir uns aber was vorgenommen, und dies auf einer Höhe zwischen 3‘700 - 3'900 Meter! Es wird ein wundervoller Tag. Für die 11 km und fast 800 Höhenmeter brauchen wir knapp 4.5 Stunden mit Pausen. Das Gelände ist anspruchsvoll, doch die immer wechselnde Aussicht entschädigt für die Strapazen. Sogar einen Andenkondor sehen wir wie er majestätisch seine Kreise zieht.
Zurück beim Camping geniessen wir eine warme Dusche und entspannen uns mit einem Bier an der warmen Nachmittagssonne, bevor es abends wieder bitterkalt wird. Dieser Tag war der perfekte Abschluss unserer (vorläufigen) Zeit in den Bergen, da es morgen runter zur Küste geht.

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