Zentralamerika 3 - El Salvador
Wir liegen wohlig im dampfenden Wasser, ringsum dichter
Dschungel, Grillen zirpen, über unseren Köpfen hängen reife Mangos und
Avocados, Papageien fliegen - dass muss wohl das Paradies sein…
Hmmm…
sind die Break-A-Ways im Fieberwahn oder haben sie was geraucht? Keins
von beidem, obwohl die Temperaturen tatsächlich bei 35°Grad liegen,
nein, wir sind in El Salvador und wir sind tatsächlich im Paradies…
Aber erst mal von vorne:
Die
Grenzformalitäten sind diesmal relativ zügig erledigt, klar wenn alle
Dokumente beisammen sind, was wir im Vorfeld mehrmals gecheckt haben
nach dem peinlichen Auftritt in Belize.
Der El Salvadorianische
Zöllner heisst uns herzlich willkommen in seinem Land und wünscht uns
eine gute Fahrt. Und die haben wir tatsächlich: die Strassen sind
ordentlich asphaltiert und mit Schildern versehen, der Verkehr gestaltet
sich ruhig und gesittet und sogar die Busfahrer halten sich an die
Verkehrsregeln und wissen die Blinker sinnvoll einzusetzen. Sind wir
noch in Lateinamerika? Auf jeden Fall: wir fahren durch üppige
Vegetation, es ist heiss schwül, die Busse sind bunt und die Menschen
winken freundlich am Strassenrand. Apropos Strassenrand, das Gras ist
ordentlich geschnitten und wirkt so… leer, ach das ist es, der Abfall
fehlt!
Und noch etwas fehlt, die geschäftigen Indigenas in ihren
bunten Trachten. Indigenas im Allgemeinen sucht man hier vergeblich,
denn diese wurden bei einem grauenhaften Massaker im Jahre 1932
praktisch ausgelöscht, weil sie aufgrund der unfairen Landenteignungen
protestiert hatten. Heute beträgt der Anteil der Indigenas in El
Salvador weniger als 1 %!
Nichtdestotrotz gefällts uns hier auf
Anhieb und auch der Anflug von vermeindlicher Reisemüdigkeit die uns in Guatemala gegen Ende befallen hat ist weg. Man
sieht vermehrt richtige Häuser, wenn auch viele durch massive Tore und
Stacheldraht geschützt sind. Der Eindruck, wir wären in einem reichen
Land täuscht jedoch, fast 50 - 80 % der Bevölkerung (je nach Quelle)
lebt unter der Armutsgrenze, die Kinder verlassen durchschnittlich nach
dem 6. Schuljahr die Schule. Aufgrund der fehlenden Perspektiven ist die
Kriminalität hoch im Land und leider sind auch zwischendurch Touristen
davon betroffen. Mit diesem Wissen gestalten wir unsere Zeit im Land.
Wir halten uns an befahrene Strassen und sichere Schlafplätze. Ansonsten
reichen die üblichen Overlanderregeln, gesunder Menschenverstand und
ein mittlerweile gut geschultes Bauchgefühl. Wie bis jetzt überall in
ganz Zentralamerika ist die Präsenz von Polizei- und Sicherheitspersonal sehr
hoch. Vor jedem öffentlichen Gebäude ist ein Sicherheitsmann mit
Pumpgun stationiert, jeder Lastwagenfahrer hat einen bewaffneten
Beifahrer und auch jede Touristenattraktion ist bewacht. Auch wenn wir
keine Befürworter von Waffen sind, muss ich gestehen, dass man sich
langsam an den Anblick gewöhnt und sich zwischenzeitlich sogar ein
Gefühl der Sicherheit eingestellt hat.
Doch nun genug zur (Un-) Sicherheit im Land, sprechen wir lieben von den schönen Seiten El Salvadors, denn diese sind zahlreich.
Nun
sind wir also bereits am ersten Tag in besagtem Paradies gelandet. Es
handelt sich hierbei um eine Therme inmitten von Dschungel. In der Terma Alicante dürfen auf einem Platz gleich neben einem herrlichen Pool
stehen. Auf der gesamten Anlage gibt es mindestens 15 Pools und Jacuzzis
mit unterschiedlichen Temperaturen, ausserdem hat es ein gemütliches
Restaurant. Nach 19.00 Uhr sind die wenigen Gäste verschwunden und wir
haben die gesamte Anlage für uns alleine, resp. mit dem obligatorischen
Uniformierten, der - wie könnts auch anders sein - mit der Pumpgun
patroulliert und unter anderem auch auf uns aufpasst. Wir nutzen den
ungewohnten Luxus, hüpfen spät abends nochmal in den dampfenden Pool und
geniessen die Stimmung und die Geräusche des Dschungels by night.
Auf zum Vulkan...
Nach einem letzten Bad am Morgen verlassen wir unser Paradies Richtung Berge auf der Ruta de Flores. Die Landschaft ist unglaublich grün, es geht auf und ab. Wir
legen eine Frühstückspause in einem hübschen Restaurant ein.
Ausgestattet mit bequemen Stühlen, Hängematten und unzähligen Orchideen
lädt der Ort zum Verweilen ein. Wir nutzen die Gelegenheit und das freie
WLAN und laden den nächsten Reisebericht hoch, während wir richtig
leckeren Café und Frühstück geniessen.
Unser heutiges Ziel ist der
Cerro Verde Nationalpark. Hier befinden sich zwei Vulkane und einen
würden wir gerne besteigen. Auf dem Weg in die Höhe ziehen Nebelschwaden
auf und als wir auf den angepeilten Camping zusteuern, sieht man kaum
mehr über die Motorhaube. Zwei junge Männer tauchen aus dem Nichts aus,
begrüssen uns herzlich und meinen, wir dürfen uns hinstellen wo wir
wollen. Na toll, wie sollen wir uns da zurechtfinden in dieser Suppe?
Wir erkunden die Gegend erst mal zu Fuss und stellen fest, dass wir uns
auf einer Art Alpwiese befinden mit Hüttchen darauf. In den raren
Sekunden, in denen sich der Nebel lichtet sehen wir jeweils kurz die
zwei Vulkane. An eine Besteigung ist heute ganz gewiss nicht mehr zu
denken. Von den Männern erfahren wir, dass jeweils um 11.00 Uhr eine
geführte Tour zum Krater des Volcano Santa Ana stattfindet, es ist nicht
erlaubt, den Vulkan ohne Guide und Wachpersonal zu besteigen. Nun denn,
gestatten wir uns einen gemütlichen Nachmittag und hoffen auf bessere Sicht morgen.
Am nächsten Morgen
sind wir wie auf Nadeln. Das Wetter ist gut, die Sicht klar und
normalerweise wären wir spätestens um 08.00 auf dem Weg. Doch es hilft
nichts, wir müssen uns gedulden bis die geführte Tour beginnt. Gemeinsam
mit einer tschechischen Urlaubergruppe und dem obligatorischen
Sicherheitsmann steigen wir auf den Vulkan. Der Weg führt wunderschön
erst durch Wald, dann durch Buschwerk und schliesslich durch
Vulkangestein. Dani, der sich mit dem Tempo der Gruppe absolut nicht
anfreunden kann, sprintet voraus und schafft es gerade noch, den
imposanten Krater bei Sonnenschein zu fotografieren. Bis ich mit der
Gruppe hochgekeucht bin, ist der gesamte Bereich bereits wieder von
dichtem Nebel umgeben und die Sicht ins Tal bleibt uns verwehrt.
Trotzdem ist der Blick ins Innere des Vulkans mit seinem dampfenden,
schwefligen Kratersee atemberaubend, der Aufstieg hat sich definitiv
gelohnt!
Weshalb uns jetzt genau ein Wachmann begleiten musste,
erschliesst sich uns nicht so richtig, möglicherweise ist dies in allen
Nationalparks vorgeschrieben. El Salvador hat in den letzten Jahren
erhebliche Anstrengungen unternommen um den Tourismus zu fördern und den
Ruf in Bezug auf die Sicherheit zu verbessern und möchte diesbezüglich
vielleicht einfach kein Risiko eingehen, dass ein Tourist verloren gehen
könnte.
Im Hochland
Wir umfahren die
Hauptstadt San Salvador auf der nördlichen Route. Der direkte Weg zur
Kolonialstadt Suchitoto führt auf Naturstrassen durch abgelegene
Bergdörfer. Die Menschen leben in einfachen Hütten und spätestens hier
holt uns auch die Realität wieder ein, was die Sauberkeit des Landes
betrifft. Der Strassenrand ist wieder mit Abfall gesäumt, kein Mensch
interessiert sich dafür.
Die Stadt selbst ist dann wieder pikfein
herausgeputzt, wie man das von einem Touristenstädtchen erwartet. Eine
blendend weisse Kirche, Restaurants rund um den Dorfplatz, viel grün,
uns gefällts. Wir stossen per Zufall auf ein kleines Hotel mit Café.
Hier finden wir El Salvadorianische Kaffeespezialitäten und eine kundige
Mitarbeiterin, die ihr Handwerk versteht. Nach ausführlicher Beratung
und Degustation werden die für unsere Cafetera perfekten Bohnen frisch
und fein gemahlen, hmm… das ganze Auto duftet nach dem erlesenen Gut.
Nach einem Blick auf den Lago Suchitoto fahren wir weiter, denn es ist
noch früh.
Auf der „Panamericana“ kommen wir gut vorwärts und
erreichen bald die Abzweigung zur Laguna Alegria. Zuvor fahren wir durch
Berlin, welches wir uns eigentlich immer etwas anders vorgestellt
haben, komisch. Hier schaffen wir es endlich, eine El Salvadorianische
Ambulanz zu fotografieren und mit dem Rettungsdienstpersonal zu
plaudern. Die fahren hier nämlich Landcruiser - die erste Ambulanz die
auch Dani interessiert ;-). Der Blick in die Kabine bringt allerdings
rasch Ernüchterung. Auch in diesem Land ist es sicher besser, keinen
Unfall zu haben.
Auf Pflastersteinen holpern wir steil hoch durch den
Wald zur Laguna Alegria. Wir campen zum ersten Mal direkt in einem
Vulkankrater! Allerdings käme man ohne den dezenten Schwefelgeruch gar
nicht auf die Idee, in einem Vulkan zu stehen…
Wir geniessen eine weitere angenehme Nacht in der Höhe, auch wenn uns die bissigen Ameisen ziemlich zusetzen.
Zum Pazifik
Zur Vollständigkeit und aus purem Masochismus machen wir doch noch einen Abstecher zur Pazifikküste:
Von
der Laguna aus hat Dani eine tolle Strecke gefunden: viel Wald,
Offroad, einsame Natur. Wir können erstmals einen der faszinierenden
„Motmots“ fotografieren, ein farbenfroher Vogel mit äusserst auffälligen
Schwanzfedern.
In El Cuco finden wir einen Platz nahe am Strand,
heute hatte Dusche und Pool hohe Priorität bei der Schlafplatzsuche denn
es ist bereits wieder unerträglich heiss. Noch immer haben wir uns
nicht an die Temperaturen auf Meereshöhe gewöhnt und sind jedesmal
völlig erledigt. Leider bringt auch die Nacht keine Erholung, wir kleben
auf unseren Matratzen fest, alles ist klebrig feucht und an Schlaf ist
kaum zu denken.
Am nächsten Morgen sind wir bereits vor 06.00 Uhr auf
den Beinen (jaa auch ich) und packen unter Schweissattacken zusammen
denn es ist bereits wieder knapp 30° Grad. Zwei Stunden später stehen
wir vor der Grenze und sehen schon von weitem die selbsternannten
Grenzhelfer und Geldwechsler winken. Wir sehen uns an, atmen noch mal
tief durch und stürzen uns lächelnd ein weiteres Mal ins Grenzgetümmel…