Mexico 7 - Oaxaca nach Chiapas
Ab in den Süden
Es ist ein langer Weg
in den Süden und er fängt damit an, erstmal aus Puebla rauszukommen.
Nachdem uns unser Navi im entscheidenden Moment an der Nase herumgeführt
hat, haben wir die richtige „Quota“ doch noch gefunden und wir lassen
den Moloch Puebla hinter uns. Auf der Höhe Orizabas erhaschen wir noch
einen Blick auf den grössten Vulkan Mexicos, den 5‘700 Meter hohen Pico de
Orizaba. Schneebedeckt und mächtig erhebt er sich aus dem Dunst. Bei
Tehuacan verlassen wir die Quota und fahren durch die Berge. Dieser Weg
zieht sich zwar ziemlich, doch die Mex 135 ist landschaftlich ungeheuer
schön. Berge, Schluchten, Kakteen, es wird mit jedem Kilometer heisser
und trockener, das Thermometer zeigt bereits 35°C! Wir fahren heute weit
über unser Limit denn wir wollen bis nach Santa Maria Tecomavaca. Im
dortigen Naturreservat kann man schön am Fluss übernachten und in einer
Schlucht die grünen Guacamaya-Papageien beobachten. Nun, die Information
war definitiv nicht die neuste und wir finden das Reservat geschlossen
vor. Eine dicke Kette sichert das massive Tor. Statt kühlem Fluss und
farbigen Papageien schlafen wir auf einem staubigen Platz unweit der
Strasse. Wir trösten uns mit einem riesigen New York-Style Entrecôte und
der Tatsache, dass wir in Zentralamerika noch viele Papageien sehen
werden.
Monte Alban
Nach einer Tropennacht
fahren wir weiter auf der tollen Bergstrecke bis kurz vor Oaxaca. Wir
haben für heute Nacht einen Platz in der „Overland Oasis“ in El Tule
reserviert und können uns am Nachmittag in Ruhe der Besichtigung von
Monte Alban widmen. Dabei handelt es sich um die bedeutendste
Zeremonienstätte der Zapoteken, welche majestätisch auf einer Bergkuppe
über der Stadt thront.
Auf dem Parkplatz treffen wir mal wieder auf
unsere dänisch-italienische Grossfamilie, wie immer sind sie gerade im Aufbruch und
es reicht mal wieder nicht für mehr als ein paar Infos während dem Rein-
und Rausparkieren.
Der Berg Monte Alban überragt die Kolonialstadt
Oaxaca. Vor über 2‘500 Jahren trugen die Zapoteken die Spitze ab und
errichteten dort ihre bedeutendste Kultstätte. In Jahrhunderte langer
Arbeit erbauten sie dort oben Pyramiden, Tempel und Grabanlagen.
Natürlich wurden die meisten Gräber geplündert und die bedeutendsten
Fundstücke liegen im Anthropologischen Museum in Mexico City. Doch die
Anlage ist wirklich ein Besuch wert. Zum einen ist die Lage und Aussicht
wirklich einmalig, zum andern ist es viel ruhiger und weniger
frequentiert als Teotihuacan, was die Besichtigung deutlich entspannter
macht. Das besondere hier sind die uralten Schriftzeichen, die man auf
Steintafeln entdeckte und natürlich die imposanten Grabanlagen.
Die Zeit
vergeht wie im Fluge auf der Entdeckungstour und müde vom vielen Stufen
steigen machen wir uns auf Richtung El Tule.
El Tule
Die
„Overlander Oasis“ hat eine lustige Geschichte: Vor vielen Jahren
reisten die Kanadier Leanne & Calvin von Alberta mit ihrem
Greyhoundbus Baujahr 1957 los um die Welt zu entdecken. Stecken
geblieben sind sie in Oaxaca wo es ihnen so gut gefiel, dass sie sich
schlussendlich hier nieder liessen. Sie kauften ein Stück Land und
stellten ihren Bus darauf. Anstelle eines Hauses bauten Sie ein
gigantisches Dach über den Bus und nach und nach die restliche
Infrastruktur. So schufen sie sich ein gemütliches Zuhause, im Zentrum steht nach wie vor der Bus, den sie noch immer als Schlafzimmer nutzen. Der
begrenzte Platz rund ums „Haus“ ist heute ihr „RV-Park“ wo auch wir uns
für zwei Nächte hinstellen. Da es nur für ein paar Fahrzeuge Platz hat,
muss man vorher anfragen, denn meistens sind sie ausgebucht. Umso mehr
freut es uns, dass wir aufgrund einer Absage so kurzfristig ein
Plätzchen bekommen haben. Calvin & Leanne sind nicht nur wundervolle
Gastgeber, sie kennen sich hervorragend aus in der Gegend und haben so
wertvolle Tipps für fast jedes Anliegen zur Hand. So gibts gleich um die
Ecke eine kleine Wäscherei, und im Dorf richtig leckere Pizza von einem
echten italienischen Pizzaiolo. Ausserdem steht im Ort der grösste Baum
der Welt. 2‘000 Jahre alt und ein Umfang von 40 Meter! Davon haben wir
bereits im Sequoia NP in Californien gelesen, deshalb freut es uns
besonders, dass wir, ohne es zu planen, auch noch diesen zu Gesicht
kriegen. Die italienische Pizza ist dann auch ganz vorzüglich und wir
bestellen uns beim Pizzaiolo gleich noch ein frisches Brot für den
nächsten Tag.
Oaxaca
Am morgen früh fahren wir in
die Stadt, Calvin hat ein Treffen mit einem Mechaniker organisiert, der
sich um unsere undichten vorderen Stossdämpfer kümmern soll. Ruckzuck
sind diese ausgebaut und können so genauer untersucht werden. Die
Mechaniker sind etwas ratlos, denn obwohl die Dämpfer offensichtlich Oel
verlieren, funktionieren sie noch wundervoll und können nur mit viel
Kraftaufwand zusammengedrückt werden. Tja, drum haben wir ja auch genau
diese von Australien einfliegen lassen, die Tough Dog waren sicher eine gute Wahl bei der Beanspruchung auf dieser Reise.
Als
dann unserer Meinung nach den genannten Dingern genug Bewunderung
gezollt wurde, erkundigen wir uns nach Alternativen, denn früher oder
später werden wir sie ja doch ersetzen müssen. Der Mech kommt mit einem
anderen Stossdämpfer an. Marke noch nie gehört und optisch auch nicht
dasselbe. Darauf angesprochen meint er, er würde ihn „adaptieren“,
sprich den Kopf wegfräsen und den von unserem dran schweissen. Oh nein…
mexikanischer Einfallsreichtum in Ehren, aber so weit sind wir dann doch
noch nicht. Wir bedanken uns höflich und meinen, wir würden dann darauf
zurückkommen, wenn es nicht mehr anders ginge. Etwas enttäuscht werden
wir verabschiedet, vermutlich hat er in Gedanken unsere undichten
Dämpfer bereits zu einem hervorragenden Preis weiterverkauft… Aber eins
muss man doch noch sagen, für die gute Stunde, in der wir die gesamte
Belegschaft beansprucht haben durften wir keinen Peso bezahlen!
Wir
stellen Tico auf einen Parkplatz in der Innenstadt und erkunden die
Stadt zu Fuss. Wir durchstreifen die Markthalle und finden allerhand
Kurioses wie frittierte Heuschrecken und andere Insekten, wovon Dani
gerne mal das eine oder andere Tierchen kostet. Wir sind auf der Suche
nach der einzigartigen Oaxaquenischen Mole Negro. Aus bis zu 27 Zutaten
soll die Sauce bestehen - mitunter Schokolode - und jede Familie hat ihr
eigenes Rezept. Wir finden reichlich davon, rote und schwarze Mole. Auf
die Frage was denn der Unterschied sei blickt mich das uralte
„Märtfraueli“ an und meint trocken: el Color (die Farbe). Aha.. sehr
aufschlussreich.
Auf der Suche nach dem in der Region so
traditionellen Kunsthandwerk sind wir weniger erfolgreich, wir finden Dutzende von Kleidergeschäften, die alle dieselben - natürlich echten -
Levis-Jeans in Size Zero verkaufen, wüsste ja zu gern wer die hier
tragen soll wenn ich mich so umschaue…
Schliesslich setzen wir uns
erschöpft in ein Restaurant am Zocalo und probieren die lokale
Spezialität: Tamales con Pollo y Mole Negro, so ne Art Maisbrei mit
Poulet in schwarzer Mole, gedämpft in Bananenblättern. Es schmeckt
tatsächlich ganz ausgezeichnet. Es gibt viel zu sehen am Zocalo, die
meist indigenen Händler patroullieren mit ihrer Ware hin und her und man
muss sich keinen Meter bewegen um die Auslage in Augenschein zu nehmen.
Für heute reichts dann auch wieder mit Stadt und wir freuen uns auf einen gemütlichen Nachmittag in der Overlander Oasis.
Zu
früh gefreut! Während unserer Abwesenheit scheint Murphy eingezogen zu
sein. Die frisch gewaschene Wäsche ist komplett verfuselt weil ich ein
Stück Haushaltpapier in der Hose übersehen habe, das für heute geplante
Poulet ist hinüber und verbreitet weit über den Kühlschrank hinaus
einen penetranten Aasgeruch und der Reisebericht, den ich heute
aufschalten wollte ist verschwunden, vermutlich überschrieben. Sechs
Seiten Bericht aus vielen Abenden Arbeit einfach weg! So verbring ich
den „gemütlichen“ Nachmittag mit Wäsche entfuseln, Kühlschrank
rausputzen und Bier trinkend vor mich hin frustend, denn der Verlust des
Berichts trifft mich hart. Zur Entschädigung - und da das geplante
Abendessen in der Mülltonne sogar die Hunde vertreibt, gehen wir in das
von Calvin empfohlene Seafood-Restaurant essen. Das Shrimps-Adobo wie
auch die Fisch-Fajitas sind wunderbar und die Portionen trösten über den
frustrierenden Nachmittag hinweg. Den restlichen Abend wie auch den
ganzen nächsten Vormittag beiss ich nun in den sauren Apfel, sitz am PC
und hau einen neuen Bericht in die Tasten, hilft ja nix…
Teotitlan del Valle
Irgendwann ist
der Bericht dann doch noch geschrieben und hochgeladen, und wir
verabschieden uns herzlich von Leanne & Calvin und der Overlander
Oasis - und machen Platz für neue Gäste ;-)
Mission „Schöner Wohnen“
steht uns heute bevor. Teppiche gibt’s in Oaxaca mehr als streunende
Hunde, doch mir schwebt etwas Besonderes vor. Wir fahren hoch ins
Indigena-Dörfchen Teotitlan del Valle. Versteckt in einer
Seitenstrasse finden wir was wir suchen: Ein Familienbetrieb der - wie
fast jede andere Familie in diesem Dorf - Teppiche herstellt. Doch
längst nicht alle angebotenen Webwaren werden noch traditionell
hergestellt, und das möchten wir uns heute anschauen. Hier sehen wir,
wie das Grossmütterchen die Wolle spinnt und die Mutter, die gut
spanisch spricht zeigt uns, wie sie die Wolle färbt. Für die Rottöne
verwendet sie Cocinella, eine Laus, die sie selber auf Kakteenblätter
züchtet. Gibt man dem roten Farbstoff Limettensaft dazu, wird er
leuchtend orange, kommt etwas Kalk hinzu, reagiert die Mischung chemisch
und wird violett. Völlig gebannt schauen wir zu, wie die Indigena
weitere Naturprodukte hervorholt und damit alle Farben des Regenbogens
zaubert. Nüsse, Rinden, Blätter, genau wie Moose, Wurzeln und das teure
Indigo, mit welchem auch die ursprüngliche „Blue Jeans“ eingefärbt
wurde. Danach zeigt der Vater sein Können am Webstuhl. Für einen grossen
Teppich mit kompliziertem Muster webt er schon mal drei bis vier Wochen
und verkauft ihn danach für wenige Franken, unglaublich…
Die Auswahl
an Formen und Farben ist riesig, doch leider nicht für die Masse
unseres „Fussbodens“. Gerne hätten wir uns einen auf Mass machen lassen,
aber so lange wollen wir dann doch nicht in der Region bleiben.
Schliesslich finden wir dann doch noch etwas halbwegs passendes und die
ganze Familie hilft mit, die gewünschten Änderungen anzubringen,
während ich mit der Grossmutter Schals anprobiere. Ein herrliches
Erlebnis und der Teppich ist eine schöne Erinnerung an den interessanten
Vormittag und die herzliche Indigenafamilie.
Mercado Tlacoluca
Am Nachmittag fahren wir zum Sonntagsmarkt nach Tlacoluca.
Tico lassen wir auf einem Parkplatz stehen, denn die engen Gassen sind
doch eher für Pferd und Wagen oder ganz modern: Tuc Tucs gedacht. Der
Wochenmarkt ist gigantisch und wir müssen gut aufpassen, dass wir uns
nicht verirren. Vom Ledergürtel über die Schweinehälfte bis zum Wischmob
gibt’s hier einfach alles und wir geniessen den Markt mit allen Sinnen;
den Trubel, die Vielfalt, die Gerüche und die Farben. Gerne hätten wir
mehr Fotos geschossen, doch die vorwiegend indigene Bevölkerung mag dies
gar nicht und das sollte man auch respektieren. Wir staunen über die
niedrigen Preise hier in der Region. Das Kilo Tomaten z. B. kostet 5
Pesos, 25 Rappen! So als Vergleich: die Benutzung der öffentlichen
Toiletten hier kostet 3 Pesos, nicht nur für Touristen. Es gibt uns zu
denken, wie eine Bauernfamilie mit dem bisschen Geld auskommen soll, und
dabei sind die Anbaubedingungen in dieser trockenen Region wirklich
hart…
Nach zwei Stunden gucken, handeln, probieren und abwehren sind
wir völlig geschafft und suchen unser Auto in dem wuseligen Dörfchen.
Jetzt freuen wir uns auf Natur und relaxen im Pool,und dazu haben wir
auch schon wieder ganz konkrete Vorstellungen ;-)
Hierve del Agua
Kochendes Wasser
heisst der Ort übersetzt. Dies ist so nicht ganz korrekt, das Wasser
brodelt zwar aus dem Fels, ist aber kalt. Auf jeden Fall bildet es
herrliche Pools - denen teilweise noch etwas mit Beton nachgeholfen
wurde - und fliesst danach über eine Felskante in die Tiefe. Aufgrund
des stark mineralhaltigen Wassers ist daraus über Tausende von Jahren
eine Formation entstanden, die wie ein versteinerter Wasserfall aussieht.
Als wir ankommen ist Sonntag Nachmittag. Wir
suchen uns einen abgelegenen Platz ganz am Ende des Parkplatzes, von wo
man wunderbar auf das Gewusel unten am Pool sieht. Heute gehen wir da
ganz bestimmt nicht mehr runter. Lieber beschäftigen wir uns mit Apéröle
und dem Ausblick auf die umliegenden Berge… Als es dunkel wird, kommt
unsere dänische Grossfamilie angerumpelt - wir scheinen die gleiche Route zu haben...
Am nächsten Morgen laufen
wir früh los. Zwar ist das Licht nicht perfekt zum Fotografieren, doch
wir haben die Pools ganz für uns alleine und das ist ja auch was. Wir
laufen den Wanderweg runter zum Fuss des Felsens, wo wir den
versteinerten Wasserfall in seiner ganzen Pracht sehen. Zurück bei den
Pools bin ich reif für ein Bad im gar nicht soo kalten Wasser und Dani
macht derweil schöne Fotos.
Als dann gegen Mittag deutlich mehr Besucher eintreffen, machen wir uns erfrischt wieder aus dem Staub.
Hoch zum Golf von Mexico
Wir suchen
einen vernünftigen Weg von Oaxaca hoch an den Golf von Mexico. Unsere
OSM-Karten zeigen übers Gebirge keine durchgängigen Stassen, doch
„Sygic“ - unser Navi App - präsentiert uns selbstbewusst die Mex 179.
Aha, also ganz neu, wunderbar. Wie neu die Strasse wirklich ist, merken
wir oben in den Bergen, sie ist nämlich noch gar nicht gebaut in dieser
Form! Das könnte noch lustig werden. Auf der Südseite des Gebirges ist
die Strasse noch geteert, die Landschaft geprägt von trockener Halbwüste
mit hohen Kakteen. Doch kaum sind wir über den Pass bei 2‘600 Meter,
verändert sich die Landschaft. Die Luft wird feucht, es wird zunehmend
grüner, mit riesigen Farnen und Bananenstauden, einfach richtig
tropisch. Die mittlerweile noch einspurige Dirtroad windet sich durch
die Berge. Die Aussicht ist phänomenal und es ist so grün, dass es fast
weh tut in den Augen. Mittlerweile bewegen wir uns auf allen Karten im
Nichts, ein Pfeil inmitten von Höhenkurven, doch wir sind
zuversichtlich, dass wir unser Ziel erreichen, der Weg scheint gut
befahren und führt von einem Dörfchen zum nächsten. Dort müssen wir uns
manchmal durchfragen, denn eine eigentliche „Hauptstrasse“ ist in den
Dörfern nicht mehr erkennbar. Die Leute schauen erst immer etwas
misstrauisch, spricht man sie dann aber an, lächeln sie bald und
beginnen mit uns zu plaudern. Vermutlich verstehen sie einfach nicht was
diese Fremden hier oben wollen.
Wenn wir nach dem Weg fragen, haben
wir uns angewöhnt zu fragen: Wo führt dieser Weg hin? Das Gegenüber
muss dann zwangsläufig einen Ort nennen oder eine Strasse, die Antwort
„si si“ und Nicken fällt da schon mal weg. Ansonsten würde man auch auf
die Frage „geht’s da zum Spaaletor“ auch nur ein ernstes Nicken ernten…
ha, langsam haben wir sie durchschaut die lieben Mexikaner!
Wir
geniessen den Weg ungemein, nichts ausser Dschungel und einem
gelegentlichen Wasserfall oder einem „Collectivo“ (meist offener Pickup
als Sammeltransport) alle paar Stunden. Dafür gestaltet sich die
Schlafplatzsuche etwas tricky heute. Es gibt kaum Stichstrassen und
wenn, führen sie zu einem Häuschen. Direkt an der Strasse wollen wir
nicht schlafen, denn die Chance dass hier einer nachts ohne Licht
rumfährt ist ziemlich gross. Irgendwann findet Dani einen schmalen Weg
der an einem kleinen Platz oberhalb eines Dörfchens endet. Perfekt, hier
bleiben wir! Erst als wir später die Gegend erkunden, merken wir, dass
wir uns an einem völlig zugewachsenen Friedhof befinden, den sich der
Dschungel allmählich zurückerobert, einzelne verwitterte Kreuze ragen
zwischen den Schlingpflanzen und dem üppigen Gebüsch empor.
Uns
störts nicht und wir verbringen einen ruhigen Abend, bis wir plötzlich
ein unsicheres Rufen vor dem Auto vernehmen. Als Dani runter geht, sieht
er sich zwei Mexikanern mit Macheten gegenüber. Es stellt sich dann
heraus, dass man uns vom Dorf aus gesehen hat und man wohl die zwei
mutigsten geschickt hat um zu sehen was die Fremden auf dem Friedhof
machen. Als wir ihnen erklären, dass wir nur hier schlafen und am morgen
früh wieder verschwinden, bietet uns der eine an, wir könnten vor
seinem Haus schlafen, dort sei es sicherer. Auf die Frage ob es denn
hier unsicher sei schaut er immer wieder verstohlen rüber zum Friedhof,
meint das müssen wir wissen und wünscht uns eine gute Nacht! Wir müssen uns so beherrschen nicht zu lachen. Im einen Moment sehen wir uns
bewaffneten Ganoven gegenüber um dann festzustellen, dass diese mehr
Angst haben vor Fremden und Geistern…
Der nächste Tag geht im selben
Stil weiter. Die schmale Piste wird noch schmäler und ist manchmal kaum
mehr als solche zu erkennen. Die Lianen peitschen aufs Auto und der
Boden ist schlammig aufgeweicht. Aber es hat zwei wunderschöne
Wasserfälle mit Pools und wir sehen sogar einen Tukan in den Bäumen über
uns. Und noch immer weisen uns die Leute zuversichtlich die Richtung
und tatsächlich erreichen wir am Nachmittag wieder die Zivilisation.
Catemaco
Wir fahren direkt nach
Catemaco, welches an der gleichnamigen Lagune liegt. Wir wollen nach „La
Jungla“, einem Camping inmitten von Dschungel. Wir haben schon in
etlichen Reiseberichten davon gelesen und sind neugierig auf das
Jungle-Feeling. Schon der Weg dahin ist abenteuerlich. Auf einem
schmalen Weg geht’s durchs Dickicht, zum Glück sind wir darauf
vorbereitet, sonst wären wir vermutlich nicht hier lang gefahren. Der
Campingplatz entpuppt sich als eine Lichtung direkt an der Lagune
gelegen. Leider sieht man nicht auf den See, die Lichtung ist auf allen
Seiten völlig zugewachsen. Nun, es ist wie es häufig ist mit Plätzen,
von welchen man viel gelesen hat. Dieser hier hat seine besten Zeiten
definitiv hinter sich. Das Restaurant ist verwaist, der Pool und die
Rutsche veralgt und zugewachsen, in den Duschen und Toiletten hat sich
so einiges an Getier eingenistet. Irgendwie kommt es einem vor wie in
einem dieser Weltuntergangsfilme, in denen die Bevölkerung Hals über
Kopf flieht und die Natur sich wieder ausbreitet. Auch der Besitzer
Antonio erinnert ein wenig an einen Insassen aus „einer flog übers
Kuckucksnest“ ist aber ganz sympathisch und sehr hilfsbereit. Wir sollen
uns hinstellen wo wir wollen, sind ja eh die einzigen Gäste weit und
breit. Wir richten uns auf der Lichtung ein, denn wir sind weder wegen
des Pools noch wegen der Duschen hier (die übrigens schön heiss sind)
sondern wegen dem Dschungel und den Tieren. Riesige majestätische Aras
fliegen über unsere Köpfe und abends hört man das gespenstische Geschrei
der Brüllaffen. Leider kriegen wir in den zwei Tagen keinen zu Gesicht,
genau wie von den Krokodilen in der Lagune...
Wir geniessen den
dringend benötigten Ruhetag und erledigen kleine Arbeiten, die mit der
Zeit angefallen sind wie eine zusätzliche Verriegelung der klappernden
Schubladen und die Modifikation des Mosquitonetzes. Am Auto gibt’s auch
immer irgendwas zu werkeln und so vergeht die Zeit hier mal wieder wie
im Fluge…
Tabasco
Auf übelsten Topes- und schlaglochverseuchten Strassen verlassen wir Catemaco und den
Bundesstaat Veracruz und fahren durch Tabasco. Der Weg entlang des Golfs
von Mexico ist langweilig, es gibt’s nichts zu sehen und es ist
unendlich heiss. Seit langem haben wir mal wieder keinen Plan wo wir
heute schlafen wollen. Frei campen ist nicht so sicher in dieser Gegend und
selbst iOverlander zeigt nur Tankstellen an zum Schlafen. Zeit für einen
Joker, schliesslich haben wir in der Reisekasse
noch einen Gutschein für eine Hotelübernachtung. Wir landen in einem
Motel in Villahermosa mit modernen und sehr sauberen Zimmern. Dieses
verlassen wir auch für den Rest des Tages wie auch den halben nächsten
Morgen nicht mehr und geniessen die Annehmlichkeiten eines Hotels, allem
voran die Klimaanlage und das Internet. Komisches Gefühl in einem so
grossen Bett zu schlafen, seit Vancouver das erste Mal dass wir Nachts
Tico von aussen sehen ;-)
Am nächsten Morgen besuchen wir in Villahermosa den Parque la Venta.
Dort sollen riesige Olmekenköpfe ausgestellt sein die man in La Venta
gefunden hat. Das spezielle an den tonnenschweren Steinköpfen ist, dass
es in der Region La Venta gar keine Felsen oder andere grosse Steine
gibt! Wiedermal ein Rätsel woher und warum. Da der Park noch nicht
geöffnet hat, spazieren wir am See entlang und beobachten die Nasenbären
auf Futtersuche. Auf jeden Fall sitzen wir so auf einem Mäuerchen am
Seeufer und da kommt ein Einheimischer und sagt: passt auf die Krokodile
auf, die können hoch springen! Wir glauben an einen Witz, drehen uns
aber höflich um. Uns fallen doch fast die Augen aus dem Kopf, keinen
Meter hinter uns liegt eines der genannten Tiere im Wasser und blinzelt
uns an, was für ein Schreck! Eigentlich hätt ich die Dinger eher auf der
anderen Seite des Zaunes erwartet denn der Park ist auch ein kleiner
Zoo. Wir schlendern durch dschungelähnlichen Wald vorbei an
archäologischen Funden, Raubtiergehegen, Affen und einer riesigen
Vogelvoliere. Dort drin haben wir die Gelegenheit, die schönen roten und
grünen Guacamaya-Papageien in Ruhe zu beobachten und zu fotografieren.
Es ist so spannend, die Vögel zu beobachten dass wir völlig die Zeit
vergessen. Wieder so ein wundervolles und völlig unerwartetes Erlebnis.
Den Nachmittag verplempern wir dann im Walmart wo nebst dem Kühlschrank
auch mal wieder der Kleiderschrank etwas gefüllt wird ;-)
Palenque
Nach Tabasco erreichen wir
Chiapas. Auch in diesem Bundesstaat gäbe es so einiges zu sehen aber wir
beschränken uns auf Palenque und seine Dschungelruinen. Auch diese
Mayastätte besuchen wir gleich am frühen Morgen und sollen es nicht
bereuen. Um 08.00 Uhr ist es mit der Hitze und den Touristenströmen noch
auszuhalten. Die Stätte gefällt uns gut und erinnert ein wenig an Ankor
Wat in Kambodscha, wo wir vor fast 20 Jahren waren.
Nur ein kleiner
Teil der Bauten wurde rekonstruiert, der grösste Teil der Anlage ist
noch nicht einmal ausgegraben, geschweige denn erforscht! Wir entdecken
viele schöne Tempel und Pyramiden und geniessen die Ruhe mitten im Wald,
die nur von vereinzelten Brüllaffen unterbrochen wird. Sogar die
zahlreichen Händler sind noch mit dem Auslegen ihrer Ware beschäftigt
und kaum an uns interessiert. Gegen den späteren Vormittag sind wir dann
ziemlich geschafft von der Hitze und den vielen Stufen und setzen uns
auf den Hauptplatz, wo wir eine deutsche Reisegruppe beobachten und
gespannt den Ausführungen ihres „Tourguides lauschen, so lernen wir
gleich noch etwas mehr über die Geschichte der Anlage. Wir machen uns
einen Spass draus zu raten, aus welchem Land die verschiedenen Gruppen
stammen und liegen gar nicht so selten richtig, es gibt halt schon
eindeutige Hinweise wie Schuhe, Socken, Hüte oder das allgemeine
Auftreten.
Zum Schluss schauen wir uns noch das Museum an, in welchem
ein Sarkophag ausgestellt ist der in der Anlage gefunden wurde.
Spannend ist die Geschichte dazu, wie er entdeckt und fachgerecht
gehoben und geöffnet wurde, um den Inhalt nicht zu zerstören. Schade
dass die meisten Tempel und Gräber schon vor langer Zeit gewaltsam
geöffnet und geplündert wurden, so viel Wertvolles ist dabei zerstört
worden.
Wir fahren noch am selben Tag hoch bis über die Grenze zu
Campeche wo wir uns für heute Nacht einen Camping mit Pool gönnen. Auch
hier sind wir die einzigen Gäste und können auch nachts noch in den
Pool hüpfen, wenn uns die tropischen Temperaturen in die Knie zu zwingen
drohen.
Nach so viel Kultur brauchen wir nun dringend Erholung.
Ich denke da an karibische Strände, Palmen und vor allem einsame
Cenoten. Was das ist und ob die letzte Region Mexicos unsere Erwartungen
erfüllt? Wir werden es Euch erzählen, es geht ab nach Yucatan!