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The West - August 2016

Skagway, Klondike-Goldrush 1898:
Zu Tausenden waren sie gekommen und hatten alles auf eine Karte gesetzt für ihren Traum von Gold und Reichtum auf den Goldfeldern von Dawson City. 
Dafür waren sie bereit, unsägliche Strapazen auf sich zu nehmen. Drei Monate dauerte es, die Ausrüstung und Vorräte für ein Jahr über den Chilkoot-Pass zu schaffen. Kanadische Grenzer kontrollierten, ob Jedermann die geforderte Menge Mehl, Zucker, Bohnen und vieles andere mehr vorweisen konnte. Knapp eine Tonne Material pro Person galt es, den gefürchteten Pass hoch zu schaffen, der für Packtiere viel zu steil war. 
Endlose Menschenkolonnen kämpften sich durch meterhohen Schnee und jeder Goldsucher legte dabei 2000 km an Weg zurück, bis das ganze Material auf die andere Seite geschafft war. Eine andere Route führte über den White Pass zum Lake Bennet. Dieser Weg war zwar länger, doch hier konnten Packpferde eingesetzt werden. Es sollen hier oben an die 2000 Pferde verendet sein, die gnadenlos durch den Schnee getrieben wurden, denn aufgrund von Wasser und Sümpfen konnte der beschwerliche Weg nur im Winter bestritten werden.
Wer es geschafft hatte, stand am Bennet Lake vor dem nächsten Hindernis. Hier musste erst ein Boot oder Floss gebaut werden um damit den Yukon River zu bezwingen, vorbei an todbringenden Stromschnellen und anderen Gefahren. Die Glücklichen, die all diese Hindernisse gemeistert hatten, fanden in Dawson City nicht etwa Goldnuggets am Wegrand liegen, nein, sie mussten erkennen, dass der Goldrausch bereits vorbei war, das Gold erbeutet und die Erde durchwühlt, und wer keinen Job fand in einer der wenigen verbleibenden Minen oder Geschäften, zog nach wenigen Tagen mit leeren Händen weiter oder machte sich auf den beschwerlichen Heimweg…
 
Hier stehen wir also in Skagway, genauer gesagt in Dyea oder was von der einstigen Zeltstadt noch übriggeblieben ist, nämlich nicht mehr als ein paar faulige Pfäle die als Überreste der einstigen Landungsbrücke aus der flachen Bucht reichen und ein alter Friedhof, auf welchem die 200 Opfer einer Lawine am Chillkoot Pass ihre letzte Ruhe finden.
Heute ist der 33 km lange Chilkoot Trail ein beliebter Wanderweg, und über den White Pass führt eine nostalgische Eisenbahn, welche täglich Hunderte von Kreuzfahrttouristen hin und her fährt.
Trotzdem gefällt uns Skagway - obwohl ziemlich touristisch - sehr gut. Wir schlendern durch die Gassen und bewundern die aufwändig restaurierten, historischen Gebäude, sehen uns den Dokumentarfilm zum Goldrausch im Visitor Centre  an und decken uns im Liquor Store nochmals mit Yukon Jack und Rotwein ein, denn Alkohol ist in Alaska deutlich günstiger als in Kanada.

Alaska? Sollten wir denn jetzt nicht im Yukon sein!? Genau, bin vermutlich immer noch etwas im Goldrausch… also von vorne:
 
„Always take the wheater with you“ ein Song von Crowded House und bis anhin eines von Danis Lieblingssongs, scheint uns die letzte Zeit nicht nur akkustisch zu begleiten. Die Schlechtwetterfront, die uns die letzte Woche in Alaska verfolgt hat, begleitet uns munter auch nach der Grenze weiter. Die geplanten Wanderungen im Kluane National Park streichen wir ersatzlos. Wenn wir vom Parkplatz kaum zu den Toilettenhäuschen sehen, können wir uns die Aussicht vom Berggipfel wohl auch schenken... Auch wenn es nicht ständig regnet schlagen Nebel und wolkenverhangene Berge irgendwann auch aufs Gemüt. So sitzen wir Regentage auch öfters mal im Auto aus, fischen, lesen, schauen Filme und hoffen auf Besserung.
In Whitehorse füllen wir Vorräte, waschen Wäsche und ersetzen unseren kaputten Wassersack kostenlos im Canadien Tire. Schon seit der Ostküste tauschen wir die Dinger alle paar Wochen aus, sie sind nämlich ungemein praktisch für Brauchwasser aber leider nicht von allzu guter Qualität und werden schnell undicht. Natürlich gönnen wir uns auch Kaffee und Cranberry-Scones von der Baked Bakery. Selbstbewusst parkieren wir Tico vor der Tür, während alle anderen brav die Parkuhr füttern. Ein Kontrolleur hat uns nämlich bei unserem letzten Besuch erklärt, dass ausländische Fahrzeuge nicht bezahlen müssen, seither halten wir das überall so.
Bevor wir uns wieder auf den Alaska Highway - diesmal nach Süden - begeben, machen wir den eben erwähnten Abstecher nach Skagway-Alaska. Die Inseln am Pazifik und auch ein Teil der Küste gehören nämlich noch zu Alaska. Nochmal heisst es, die Pässe hervorkramen und das Gemüse verstecken. Kurz vor Skagway erschreckt uns ein lautes Hornen von hinten, ausgerechnet von einem Landcruiser. Ha, Ueli, Myrtha und ihr Cruiser „Tortuga“ haben uns endlich eingeholt. Was für eine Freude! Unsere Nachbarn aus Pfeffingen sind nämlich wenige Wochen nach uns in Halifax gestartet. Aus demselben Dorf, mit dem selben Fahrzeug, zur selben Zeit mit dem selben Ziel, nämlich irgendwann Feuerland zu erreichen. Was für ein Zufall - wir hatten uns nämlich schon gefragt wo sie stecken! Gemeinsam fahren wir nach Skagway und richten uns auf dem alten Campground in Dyea ein. Unser Wiedersehen und den Nationalfeiertag feiern wir stilecht mit einem Fondue. Myrtha hat an alles gedacht, sogar „e Gleesli Wysse“ darf nicht fehlen! Wir haben viel zu erzählen und auszutauschen. Schliesslich ist es schon einige Monate her, dass wir zusammen Pläne geschmiedet haben und uns gegenseitig geholfen haben, unsere Weinkeller leerzutrinken! Unsere Wege werden sich von nun an vermutlich häufiger kreuzen...
Nach zwei Tagen in Skagway - noch immer auf Wetterbesserung hoffend - mach wir uns wieder auf den Weg hoch über den White Pass, während die „Underway’s“ die Fähre nach Haines-Canada besteigen und auf diesem Weg wieder zum Alaska Highway gelangen. Just auf dem White Pass endet unsere Schlechtwetterperiode. Der Himmel reisst auf und präsentiert ein unglaubliches Panorama mit Bergen und Seen. Überglücklich zücken wir die Kamera und saugen in uns auf, was uns auf dem Weg nach unten verborgen geblieben ist.
In Carcross machen wir Pause am Lake Bennet und denken ein letztes Mal an die tollkühnen Goldgräber aus dem Jahr 1898, die hier die nächste Etappe ihrer abenteuerlichen Reise zum Klondike angetreten haben.
Bevor wir uns buchstäblich aus dem Staub machen, fahren wir in die Wüste. Nämlich nach Carcross Desert, der angeblich kleinsten Wüste der Welt! Auf nur knapp 1 km2 findet sich hier feinster Sand und richtige Dünen. Im richtigen Winkel fotografiert denkt man sich in der Sahara. Nach zwei Stunden Aufenthalt bin ich zwar der Meinung, die kleinste Wüste der Welt befindet sich in unserem Auto aber das ist wohl Ansichtssache.
Wir können uns kaum vom Küstengebirge lösen und machen darum auch den Abstecher nach Atlin. Die Fahrt durchs Gebirge ist wunderschön, die Sonne scheint, wir erkunden verlassene Silberminen, geniessen die Wanderung in der Region des Mt. Monarch und das obligate Glacé am Ende jeder Stichstrasse.


Südwärts
Mit dem Abzweigen auf den Cassier Highway nehmen wir Abschied vom Yukon. BC (British Columbia) die westlichste Provinz Canadas - empfängt uns mit einer abwechslungsreichen Wald- und Seenlandschaft und mit einer einmaligen Erfindung: den „Recreational Sites“. Dies sind einfache, meist kostenlose Campsites, häufig an Seen oder Flüssen gelegen. In der Regel so versteckt und schlecht beschildert, dass man sie nur per Zufall findet. Manche davon finden sich auf dem iOverlander-App, welches wir gerne konsultieren, aber auch selber fleissig mit Schlafplätzchen, Trinkwasserstellen oder anderen nützlichen Informationen für Overland-Traveller füttern. Wer uns kennt, weiss, dass wir keine Fans von Campingplätzen sind. Einerseits sind wir autark und benötigen keine Einrichtungen, und sind somit auch nicht darauf angewiesen, dafür Geld auszugeben und andererseits mögen wir einfach die Einsamkeit und das Gefühl, selber ein schönes Plätzchen gefunden zu haben wo wir unsere Ruhe haben und auf niemanden Rücksicht nehmen müssen. Das Tolle an diesen Rec. Sites ist jedoch, dass sie ausser Bänken/Tischen, Plumpsklos, Feuerstelle und manchmal -holz keine Infrastruktur bieten und häufig nicht einfach zugänglich sind, so sind sie selten besetzt oder man trifft Gleichgesinnte, was ja auch hin und wieder mal spannend ist.

So campen wir ein paar Mal auf solchen Plätzen, wo wir auch wieder auf die Underways treffen und manch lustigen Abend zusammen verbringen.
Unser Weg führt uns ein allerletztes Mal nach Alaska, nämlich nach Hyder. Dieser Ort ist nur über BC zu erreichen und endet eigentlich in einer Sackgasse. Der Grund, warum der Ort so überlaufen ist, ist einerseits der Salmon Glacier, und andererseits die Lachs jagenden Bären, die in der entsprechenden Zeit von einer sicheren Plattform aus beobachtet werden können. Da die Bären in der Regel am morgen früh oder in der Abenddämmerung zum fressen kommen, fahren wir am Nachmittag erst hoch zum Gletscher. Die Schotterstrasse ist gut ausgebaut, da auch der Lastwagenverkehr der noch aktiven Minen die Strasse benützt. Immer höher windet sich die kurvige Strasse, gelegentlich donnert ein Truck an einem vorbei und hüllt uns in riesige Staubwolken. Wir haben ja nun wahrlich schon viele Gletscher gesehen, doch was uns oben erwartet, verschlägt sogar mir die Sprache! Die Grösse und Schönheit des Salmon Glaciers toppt alles bisher gesehene. Bevor ich hier in Superlative ausbreche, lasse ich lieber die Fotos weiter unten sprechen... Wären nicht die Horden blutsaugender Mosquitos gewesen, wir würden glaub immer noch dort oben stehen!
Am nächsten Morgen stehen wir ganz früh auf und stellen uns auf die Aussichtsplattform, gemeinsam mit ganz vielen anderen, Touristen und Fotografen und alle warten wir auf den Bären. Der Bach ist voller Lachse. Es ist die Zeit der Chum-Salmons. Zu Hunderten treiben sie unter uns im Wasser, einige kämpfen sich gegen die Strömung flussaufwärts, die meisten jedoch liegen tot im flachen Wasser. Sie haben ihren Lebenszyklus vollendet und verenden hier wo sie vor Jahren geboren wurden... Irgendwie eine deprimierende Angelegenheit. Als sich auch nach Stunden kein Bär zeigen will, fahren wir zu unserem versteckten Campplätzli am Salmon River zurück, dort verbringen wir den Tag mit Fischen und dem Beobachten von Weisskopfseeadlern.
Nach einem wunderbaren Abendessen mit gegrilltem Lachs fahren wir nochmals zur Plattform und gucken ein wenig. Aber eigentlich ist uns nicht ganz klar weshalb die Bären ausgerechnet hier unter der Plattform nach Fischen jagen sollen, zieht sich doch der Fish Creek noch kilometerlang durch den Wald. Wir lassen es gut sein und beenden den Abend bei einem Gläschen Rotwein.
Wir verlassen Alaska nun wirklich zum letzten Mal denn langsam zieht es uns weiter. Seit ein paar Tagen haben wir Stromprobleme. Die eine der relativ neuen Zusatzbatterien hat einen Zellenschluss, die andere ist schon in Mitleidenschaft gezogen. Wir kommen erstaunlicherweise relativ gut aus mit dem reduzierten Stromangebot, da wir im Moment weder Standheizung noch Licht benötigen. Einzig der Kühlschrank zieht Strom und die Elektronik wird halt tagsüber beim Fahren geladen.
Unser Ziel Prince George, die grösste Stadt im nördlichen BC, erreichen wir über Backroads vom Feinsten. Wir fahren durch Vulkangebiet mit Lavafeldern, finden schöne Seen und einsame Rec. Sites. Auch in Rosswood waren wir, aber die Schönbächlers aus dem Schweizer Fernsehen haben wir nicht angetroffen. Nicht nur knuspriges Brot, sondern auch eine coole Hinterlandroute verdanken wir dem deutschen Bäcker in Telkwa. Diese bringt uns unter anderem zum Ootsa Lake, welchem wir lange entlangfahren und der auch mal warm genug für ein Bad ist.
Dank Danis täglichem Fahrzeugcheck entdecken wir dort den kaputten Reifen noch rechtzeitig. Er hat sich ausgedellt und an der Stelle kommt bereits das Drahtgeflecht zum Vorschein, uhh, das hätte übel ausgehen können. So machen wir uns in der Stadt auf die Suche nach einem neuen Reifen. In Vanderhoof, wo wir eh vorbeimüssen um neues Diesel-Additiv von OptiLube zu besorgen, haben wir kein Glück, bleibt also nur der Weg in die Grossstadt Prince George. Wir konsultieren diverse Reifenhändler, doch der von uns gewünschte BF Goodrich AT Ko2 ist in unserer Dimension einfach nicht zu kriegen und wir stehen vor der Entscheidung eine Woche zu warten oder ohne Ersatzreifen weiterzufahren. Variante 1 kommt nicht in Frage, 2 schon erst gar nicht, hmm… Letzter Versuch bei Costco. Eigentlich wollten wir mal hier einkaufen, aber Nachfragen in der Reifenabteilung kann ja nichts schaden. „Klar, haben wir da! Wieviele sollens denn sein?“. Nach wiederholtem Blick auf den Preis nehmen wir gleich 5! Sie sind ja eh bald fällig… Wir könnens kaum glauben, was für ein Glück! Sofort zücken wir die Kreditkarte, da heisst es: „Kundenkarte bitte!“ Wie Kundenkarte, brauchen wir nicht… Brauchen wir wohl. Also los zum Kundendienst und eine Karte beantragen. Hier wird’s dann richtig kompliziert: 80 Dollar kostet die Jahreskarte, schluck, egal, immer noch günstig! Aber die Adresse in Kanada reicht nicht, wir müssen Kanadier sein um Mitglied im werten Costco-Club zu werden. Neeeiiin! Darf nicht wahr sein. Wir diskutieren hin und her, ich beginne bereits Kunden anzuquatschen damit sie uns die Reifen kaufen und plötzlich geht’s dann doch. Auftritt Manager und es gibt eine Sonderregelung für die Schweizer. Einzig die Garantie verlieren wir und den Costco Pannendienst in allen Vertragsländern… bitte wie? Ok, damit können wir leben, und die Mitgliedschaft müssen wir somit auch nicht bezahlen… Ticos neue Finkli werden unter Danis strengen Adleraugen montiert und wir verlassen die Grossstadt, natürlich zum Hinterausgang, dafür ohne Batterien. Es reicht fürs erste mit Geld ausgeben…
Salmon Glacier in seiner vollen Pracht...


Im Wilden Westen
So, wie weiter, Cariboo oder Chilcotin, oder beides?
In Quesnel fällt mir die Lokalzeitung in die Hände und die Entscheidung wird uns abgenommen: In Redstone findet das jährliche Rodeo statt dieses Weekend, das lassen wir uns nicht entgehen! Also ab ins Chilcotin! Wir haben noch einen Tag Zeit und fahren Backroads entlang des Chilco-Valleys. Das ist wirklich Cowboy-Country: endlose Steppe, Canyons und Rinder, die Vorfreude aufs Rodeo steigt, yehaa!. In der Gegend haben sich viele Europäer niedergelassen, erfahren wir von Jasmin Schellenberg, einer Reinacherin (wie ich), die sich vor 37 Jahren mit ihrem Mann Felix in Canada niedergelassen hat. Während wir Organic-Coffee trinken, erzählt sie uns davon, wie sie und ihr Mann Ihre Demeter-Farm (pasturetoplate) nebst Lodge und Restaurant bewirtschaften, vom jährlichen Viehtrieb und den Volontären, die saisonweise auf der Farm mithelfen. Lustigerweise sind drei ihrer vier Töchter unterdessen mit deutschen Volontären verheiratet. Am liebsten würden wir auch gleich hierbleiben, Arbeit gibt’s auf einer Farm immer wenn man nicht grad zwei linke Hände hat und die Einstellung zu Tier und Umwelt die hier gelebt wird gefällt uns sowiso. Doch erst wollen wir noch zum Rodeo und nach Südamerika ;-).

Wilde Mustangs und Bullen, Cowboyhüte, Lassos und natürlich Pferde, tief atme ich den Geruch ein und geniesse die Atmosphäre. Kälber werden eingefangen, Lassos geschwungen und mutige Cowboys durch die Luft geschleudert. Die Frauen messen sich beim Barrel Race und Break-a-way-Roping (echt jetzt!), die Männer beim Bullriding und Tie-down-Roping. Es gibt so viel zu sehen, in der Arena wie auch auf der Tribüne, wo Familie und Freunde sitzen, anfeuern und mitfiebern. Ein Anlass für die ganze Familie! Wir hätten den ganzen Tag zusehen können, doch der Staub und die Hitze machen uns zu schaffen und wir sehnen uns nach einem Bad in einem der zahlreichen Seen und Flüsse dieser herrlichen Region. Doch bis dahin soll es noch ein weiter Weg werden heute. Die Backroads, auf denen wir ins Nemeiah-Valley gelangen wollen, verzweigen sich in ein endloses Netz aus Dead-End-Logging-Roads und Sümpfen, welche uns immer weiter von unserem Weg abbringen. Irgendwann landen wir an einem See, von wo uns ein Ortskundiger schliesslich den Weg aus dem Sumpfgebiet erklärt. Stunden später und Einsatz von Untersetzung und Diff. Sperre treffen wir endlich wieder auf die richtige Strasse und auch auf den TCAT und bald haben wir unser Rec. Site am See gefunden. Natürlich wird nichts mehr mit Baden heute. Wir raffen uns gerade noch zum Kochen auf, bevor uns die blutrünstigen Mosquitos ins Auto treiben…
Am nächsten Tag erkunden wir dank TCAT das wunderschöne Nemeiah-Valley und Chilco Lake auf abenteuerlichen Backroads. Eine Strassensperre verunsichert uns, doch zwei vorbeifahrende Angehörige der First Nations* zeigen grinsend auf Tico und meinen, für uns gelte das nicht. „Siehst Du?“, sagt mein bekennender Winnetou-Fan, „wenn ein Indianer* das sagt, wird’s wohl stimmen“. Tatsächlich, wir fahren den ganzen Tag einsame Offroad-Strassen mit atemberaubender Aussicht auf den Taseko River und die umliegenden Berge.
Wir geniessen die einsamen Tage im Chilcotin, lernen First Nations kennen und sehen ihnen beim traditionellen Fischen zu. Wir durchqueren Kanadas zweitgrösste Ranch (so gross wie ganz Prince Edward Island) und erfahren von dem Bewirtschafterpaar Larry und Bev persönlich viel über den aufwändigen Viehtrieb, den Kampf gegen Wilderer und dem Branding von täglich 250 Kälbern im Frühling! Erstaunlicherweise werden auch auf einer riesigen Ranch wie der Gang-Ranch solche Arbeiten noch von Hand, resp. von Cowboys zu Pferd ausgeführt - war das Rodeo also doch keine Show! Steil und eng geht’s entlang des „Mighty Fraser Rivers“ und wir treffen den ganzen Tag keine Menschenseele mit Ausnahme des gelangweilten, geschichtenerzählenden Fährmanns beim Überqueren des Frasers. Noch einmal kämpfen wir uns mit Untersetzung den Canyon hoch und geniessen von oben die Aussicht über das gesamte Fraser Valley. Die Piste ist eng und extrem steil. Eine einziger Felsbrocken auf dem Weg und wir müssten umkehren und einen gewaltigen Umweg in Kauf nehmen. Doch alles geht gut und wir erreichen wohlbehalten und mit leerem Tank Lilloet und die Zivilisation. Von hier geht’s im gleichen Stil weiter, entlang dem Seton Lake Stausee und hoch über den 1000 Meter höher gelegenen Mission Pass wieder runter zum Andersen Lake auf den abenteuerlichen Powerlane-Trail entlang des malerischen Sees. Es könnte ewig so weiter gehen…
Tja und irgendwann erreichen wir den Highway #99 und der Wild West-Zauber ist vorbei. Die Landschaft auf dem „Sea to Sky Highway“ nach Vancouver ist zwar grandios, doch der viele Verkehr lässt kaum Möglichkeiten zum Anhalten und Fotos schiessen.
Bereits jetzt vermissen wir die Weite und Einsamkeit des Chilcotins und irgendwie fühlen wir uns gar noch nicht bereit für „Big City Life“ in der Metropole Vancouver.
Tja und so biegen wir kurz nach Squamish Richtung Horseshoe Bay ab und kaufen uns ein Fährticket nach Vancouver Island.

* der Ausdruck "Indianer" ist negativ behaftet und wird so nicht mehr verwendet, die entsprechende Volksgruppe bevorzugt den Ausdruck "First Nations oder Natives".
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