Yukon - Juni 2016
Das erste Ortsschild kam 1942 von einem heimwehgeplagten
US-Soldaten beim Bau des Alaska Highways, viele weitere folgten, bis
heute über 72‘000! Gemeint ist natürlich der Signpost Forest in Watson
Lake, unserem ersten Highlight im Yukon.
Hier hängen Orts- und
Strassenschilder aus aller Welt! Wer hier vorbeikommt, nagelt sein
mitgebrachtes Schild an einen Pfosten. Jedes Jahr werden weitere Pfosten
aufgestellt und es ist mittlerweile doch eine ganz respektable Sammlung
an Schildern jeglicher Art zusammengekommen. Liebe Gemeinden,
Stadtverwaltungen und Zollbehörden: sollte Euch mysteriöser Weise ein
Schild abhanden gekommen sein, checkt mal, welcher Einwohner grad auf
einer Reise in den Yukon ist - die Chancen stehen gut dass das Schild
hier irgendwo hängt…
Leider haben wir kein Schild mitgebracht, wir
wussten zuhause noch nichts von dem seltsamen Brauch hier. Wir finden
aber viele Andenken aus der Schweiz und können uns kaum sattsehen an den
Kuriositäten.
Wir machen uns auf den Weg nach Whitehorse. Letzte
Versorgungsmöglichkeit auf dem Weg nach Norden. Nach einem ausgedehnten
Abendspaziergang am Miles Canyon am Yukon River finden wir einen
Panorama-Platz hoch über dem Yukon River, gleich vor den Toren der Stad.
Hier gehen wir unseren Schlachtplan für Whitehorse noch mal durch denn
die Einkaufsliste ist lang…
Die Stadt gefällt uns sehr gut, hier
findet sich alles was das Herz begehrt: Gute Einkaufsmöglichkeiten,
Autozubehör, Sehenswürdigkeiten, WLAN sowie sensationellen Kaffee und
Scones in der Baked Bakery (danke für den Tipp Nils!).
Wir erledigen
unsere Besorgungen, besichtigen die SS Klondike, essen vietnamesich und
während wir im Walmart-WLan die Webseite aktualisieren, klopft ständig
irgendwer an die Scheibe und stellt Fragen über unser Auto, uns und
unsere Pläne. Fleissig verteilen wir Visitenkarten an alle
Interessierten udn beantworten geduldig alle Fragen. Danach sehen wir
uns die Reisemobile auf dem Parkplatz an, denn hier soll sich offenbar
alles treffen, was den Norden bereisen will. Wir suchen nach anderen
Langzeitreisenden, Europäern und 4x4-Fahrzeugen, doch stattdessen sehen
wir nur kanadische und amerikanische Big Rigs - riesige Wohnmobile und
ellenlange Trailer.
Wir sind froh um unseren Panorama-Platz und müssen
nicht zwischen den Wohnmobilen auf dem Walmart-Parkplatz stehen. So
haben wir abends genügend Zeit, die Mengen an Lebensmitteln zu
verstauen, ein paar Kleider zu waschen und Dani entschliesst sich doch
noch zu einem Oelwechsel nach fast 13‘000 gefahrenen Kilometern.
Schliesslich werden wir ja von allen Seiten gewarnt, wie gefährlich es
ist auf dem Dempster Highway hoch nach Inuvik zu reisen, einsam und auf
sich gestellt auf den 1470 km Schotterstrasse hin und zurück über den
Polarkreis: Nehmt ja genug Lebensmittel und mindestens zwei Reserveräder
mit… Auch wenn wir uns davon nicht ins Bockshorn jagen lassen, schadet
es sicher nicht, gut vorbereitet zu sein! Es soll ja ganz schön teuer
werden auf dem Dempster eine Panne zu haben. Abschleppfirmen nehmen 6 $
pro Kilometer + Anfahrt!
Nach nochmaligem Genuss von Kaffee und
Scones am nächsten Morgen werden Lebensmittel, Wasser- sowie Dieseltanks
zum Anschlag gefüllt. Die älteren Herren von der Tankstelle versorgen
uns noch mit guten Ratschlägen und allerlei Witzen übelster Sorte und
weiter geht die Fahrt. Unterwegs machen wir einen Spaziergang zu den
Five Finger Rapids. Heute kann man sich kaum mehr vorstellen, dass in
diesen Stromschnellen vor 100 Jahren unzählige Schaufelraddampfer an den
Felsen zerschellt sind, tausende Goldsucher mitsamt ihrem ganzen Hab
und Gut ertrunken sind - aus der Traum vom grossen Gold in Dawson City.
Bis irgendwer dann mal mit einer ziemlichen Menge Dynamit die Engstelle
weggesprengt hat…
Auf dem Dempster Highway hoch nach Inuvik
Wir erreichen die Abzweigung zum Dempster Highway
tagsdrauf am frühen Nachmittag. Noch einmal voll tanken, denn ab hier
werden die Preise der wenigen Tankstellen unterwegs massiv teurer. $
1.46 steht an der Zapfsäule, uuhh das tut weh… doch immer noch besser
als der 80 km Umweg in die Stadt. Umso grösser ist die Freude, als der
Literpreis auf der Quittung unglaubliche $ 1.16 zeigt, da kann wohl
etwas nicht stimmen aber gut für uns. Beim obligaten Fotostopp am
Strassenschild treffen wir zwei Deutsche mit neuen Horrorstorys
bezüglich des Strassenzustands auf dem Dempster und ihren stolzen 5 Platten! Während Dani die Sache
immer besser zu gefallen scheint, treffen die Jungs bei mir genau einen
Nerv. Obschon ich keine Miene verziehe zwinkert mir Dani von der Seite
zu und drückt meine Hand… ja dafür kennt er mich einfach schon zu lange.
Einige
Kilometer weiter finden wir einen Schlafplatz direkt am Klondike-River.
Das dekorativ vor sich hin rostende Equipment schliesst auf frühere
Goldminingaktivitäten und ist spannend zu erkunden. Danis Vorbereitungen
auf die Piste bestehen lediglich im Ablassen des Reifendrucks. Danach
wenden wir uns dem Campfire und unseren doch recht ansehnlichen Steaks
zu.
Die gut unterhaltene Schotterpiste ist durchaus ohne Allrad zu befahren und auch mit Anhänger. Selbst bei Regen ist die Piste gut befahrbar. Wir hatten keinen Platten zu verzeichnen und dank unseres Zusatztanks mussten wir auch nicht tanken auf den 1'470 km. Wirklich einsam ist es nie und bei einer Panne dürften die Chancen auch gut stehen, dass man privat abgeschleppt wird, fährt ja hier jeder einen riesigen Pickup… Aufpassen muss man wie immer auf Steinschlag beim Kreuzen der grossen Trucks aber ansonsten lohnt sich der Abstecher landschaftlich auf jeden Fall. Wer nicht so viel Zeit hat kann auch bloss bis zur Peel-Fähre fahren.
Im Goldrausch
Nach so viel Einsamkeit erleben wir im touristischen und
quirligen Dawson City die totale Überforderung. Damit die ehemalige
Goldrush-Hochburg am Klondike nicht wie unzählige andere zur
Geisterstadt verkommt, wird die ganze Stadt zum National Historic Site
erklärt und aufwändig restauriert. Strenge Vorschriften gelten für die
Häuser im Zentrum und wären nicht die Touristen und die modernen Autos,
könnte man sich glatt vorkommen wie in den guten alten Zeiten. Die
staubigen Strassen, Gehsteige auf Holzplanken, jedes Detail stimmt von
der Strassenbeleuchtung bis zur Beschriftung der Gebäude. Hier kann man
abends vom Midnightdome über die Stadt schauen, Goldschürfen am
Klondike, Raddampfer fahren auf dem Yukon, Poker spielen und die
Cancan-Girls im Diamant Tooth Gertie‘s Saloon & Casino bestaunen.
Wir enden unsere Stadtbesichtigung mit einer Riesenportion Fish &
Chips im Sourdough Joes bevor wir die Fähre über den Yukon River
besteigen.